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Rechtsanwältin   Dr. Birgit Stede


Newsletter April 2012

Gewerbliche Sammlungen …
… und das WertstoffG
Abfallbeförderungen, andere Tätigkeiten …
… und Registerpflichten
GFS und Mantelverordnung
VAUwS und Verhältnismäßigkeit
Gülle und Grundwasser
Gülle in Biogasanlagen

Vorbemerkung

Will ein Franzose die deutsche Sprache erlernen, so muss er sich erst einmal an die vielen zusammengesetzten Wörter gewöhnen. Früher lernte er noch „Luftschutzkeller“, heute eher so etwas wie „Klimaschutzgipfel“ oder „Wertstoffhof“. Weil das selbst den Deutschen nicht immer leicht fällt, ist es - übrigens nicht nur bei uns – ganz in Mode, Kürzel zu verwenden. Das auch dann, wenn mehrere Worte etwas ausdrücken sollen. Und zuweilen grübelt man, was nun eigentlich das Kürzel bedeuten soll.

Gewerbliche Sammlungen …

Mit dem neuen KrwG hat der Gesetzgeber dem Kampf um Wertstoffe aus Privathaushalten weiter Tür und Tor geöffnet. Neben dem, dass das Gesetz weitgehende Interpretationsmöglichkeiten eröffnet, wenn eine Kommune eine gewerbliche Sammlung verhindern will oder nicht, ziehen manche Verbände der privaten Wirtschaft ganz prinzipiell nach Brüssel. Wohl nicht ganz zu Unrecht erkennen sie einen Verstoß gegen den Grundsatz der Wettbewerbsfreiheit. Auf der anderen Seite empfehlen die Berater der Kommunen, diese sollten schleunigst noch vor dem 1. Juni die bestehenden gewerblichen Sammlungen untersagen. Andernfalls könne ein schutzwürdiges Vertrauen entstehen. Das Gleiche gilt natürlich für „stNVP“ – ja klar: stoffgleiche Nicht-Verpackungen.

Gleichzeitig werden blümerante Wortneubildungen geschaffen. „Klimatonne“ soll sicher nicht heißen: Wirf das Klima in die Tonne. Für die Umschreibung der beabsichtigten Bedeutung bräuchten übrigens Franzosen – wenn überhaupt möglich – mindestens 10 Wörter. Dabei klingt es so schön. Fast so schön wie „Ressourcenefficienzprogramm“ oder „Biodiesel“.

Das soll dem Umweltschutz dienen. Sicher, wenn schon haufenweise Müll produziert wird, so ist zumindest die gemeinsame Erfassung, von wem auch immer durchgeführt, ein Meilenstein für den Klimaschutz. Die vorrangige Zielsetzung der Abfallvermeidung wird hingegen und nach wie vor stiefmütterlich behandelt. Denn dann müsste ja tatsächlich vermehrt in Produktion und Handelsvertriebswege, die alles andere als CO2-einsparend sind, eingriffen werden.

… und das WertstoffG

Eng mit diesen Fragen verbunden ist das geplante Wertstoffgesetz. Die einen appellieren, es solle – jedenfalls vor der Klärung in Brüssel – nicht kommen. Andere fordern es ein und erhoffen darüber eine Stärkung ihrer Position.

Abfallbeförderungen, andere Tätigkeiten …

Mit dem KrwG wird neuer bürokratischer Aufwand installiert. Nicht nur Beförderer von gefährlichen Abfällen brauchen – wie bisher auch – eine Transportgenehmigung, die künftig Beförderungserlaubnis heißt; Sammler, Händler und Makler gefährlicher Abfälle benötigen ebenfalls eine Erlaubnis. Nein, Beförderer und Sammler, Makler und Händler ungefährlicher Abfälle müssen ihre Tätigkeit nun anzeigen und dabei den Nachweis der Zuverlässigkeit und der Fach- und Sachkunde erbringen können. Und das gilt nicht nur für Firmen, die sich gewerbsmäßig mit der Abfallentsorgung befassen, sondern auch für solche, die im Rahmen ganz anderer wirtschaftlichen Aktivitäten – und sei es 1-malig – entsprechend tätig sind, so z.B. für jeden Handwerker, der die bei seinen Arbeiten anfallenden Abfälle zu einer Entsorgungsanlage befördert. Solange er allerdings nicht als Subunternehmer Abfälle befördert, besteht insoweit die Anzeige- resp. Erlaubnispflicht erst ab dem 1. Juni 2014.

Wie der Nachweis der Fach- und Sachkunde erbracht wird, soll noch mittels Verordnung geregelt werden. Dem Gesetzgeber schwebt ein abgestuftes Verfahren vor und vertraut auf die LAGA. Die werde schon angemessene Anforderungen entwickeln …

… und Registerpflichten

Ähnlich ausufernd ist die Registerpflicht, die nun nicht mehr nur Entsorger gefährlicher Abfälle trifft, sondern auch die Entsorger ungefährlicher Abfälle. Darüber hinaus müssen Beförderer und Sammler, Erzeuger und Besitzer sowie Händler und Makler gefährlicher Abfälle ebenfalls Register führen. Dabei sind zumindest Art, Menge und Ursprung chronologisch zu erfassen und zu dokumentieren. Darüberhinaus kann die Angabe der weiteren Bestimmung der Abfälle erforderlich sein. Auch hier wird sich der Gesetzgeber noch konkrete Anforderungen ausdenken.

Die Erfahrung im korrekten Umgang mit Abfällen rückt offenbar immer mehr in den Hintergrund. Hauptsache, die Dokumentation passt!

GFS-Werte und Mantelverordnung

Das Kürzel GFS-Werte ist in einschlägigen Kreisen schon lange bekannt; dessen Bedeutung läuft aber selbst in diesen Kreisen nicht unbedingt leichtfüßig über die Lippen: Geringfügigkeitsschwellenwerte. Das hat viel mit der geplanten Mantelverordnung zu tun. Ob hierfür in dieser Legislaturperiode noch ein Referentenentwurf kommt und die Diskussionen um die teilweise äußert umstrittenen Fragen in die nächste Runde gehen? Manche glauben, es kommt heuer nicht mehr, andere erwarten den Entwurf bis spätestens Sommer. Wir werden sehen – und wappnen uns für die weiteren Diskussionen.

VAUwS und Verhältnismäßigkeit

Ein anderen Kürzel geht auch nicht gerade leicht über die Lippen: „VAUwS“. Will heißen: Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen. Was die allerdings inhaltlich bedeutet, kann nur – jedenfalls für bestimmte Anlagenarten - als komplett unverhältnismäßig betrachtet werden. Denn danach sollen künftig z.B. auch Holz-, Metall- und Bauschuttläger grundsätzlich nur auf wasserundurchlässig befestigtem Grund zulässig sein. Doch welch reelle Wassergefährdung geht von solchen Anlagen aus, jedenfalls dann, wenn es sich um Abfälle ohne Schadstoffanhaftungen handelt? Umgekehrt: Welche immensen Flächen müssen zusätzlich versiegelt werden, was dem Ziel der Grundwasseranreicherung diametral entgegensteht? Und angesichts der enormen Investitionen, die zur Umsetzung erforderlich würden, wird voraussichtlich manch ein Betrieb das Handtuch schmeißen müssen. Die VAUwS – ein weiteres Mittel zur Marktbereinigung?

Gülle und Grundwasser

Im Gegensatz hierzu ist und bleibt Gülle ein Stoff, mit dem der Vollzug noch legère umgeht – und der Gesetzgeber tut’s ihm gleich. Laut einer Pressenotiz werden z.B. in Niedersachsen die gülleproduzierenden Betriebe – also vor allem die Betriebe der Massentierhaltung – kaum kontrolliert. Gerade mal 2 %. Gleichzeitig wird geschätzt, dass ca. doppelt so viel Gülle anfällt als ordnungsgemäß auf den Flächen vor Ort aufgebracht werden dürfte. Als i-Tüpfelchen kommt die Gülle hinzu, die unkontrolliert aus den Niederlanden nach Niedersachsen importiert wird.

Dass das Grundwasser nitratbelastet ist, liegt auf der Hand. Doch lügt unsere Regierung nicht einmal, wenn sie behauptet, 95 % unserer Trinkwasserbrunnen halten entsprechend „unserer“ Mitteilung an die Kommission die Werte für Nitrat ein. Denn von dieser Mitteilung werden kleine Brunnen bis zu einer bestimmten Fördermenge überhaupt nicht erfasst. Und diese kleinen Brunnen befinden sich nun einmal vorrangig in ländlichen Gebieten. Eben da, wo die Gülle aufgebracht wird.

Gülle in Biogasanlagen

Gülle ist zudem vom Anwendungsbereich des neuen KrwG ausgenommen. Da der Gesetzgeber aber befürchtet, die Europäische Kommission werde dies beanstanden, hat er gleich vorgebeugt. Anlagen zur Bioenergiegewinnung bis zu 1,2 Mio. m3 Rohgas – also einer Kapazität zur Gewinnung von Gas für ca. 600 Haushalte – sollen jedenfalls ohne BImSch-Genehmigung betrieben werden können. Und während „normale“ Abfallläger für ungefährliche Abfälle ab einer Kapazität von 100 t aufwärts BImSch-genehmigungspflichtig sind und bleiben, können bis zu 6.500 m3 Gülle ohne BImSch-Genehmigung gelagert werden. Das entspricht etwa 325 Tanklastzügen. Es lebe die Energiewende.

Angesichts solch eingeräumter Freiheiten muss natürlich an anderer Stelle dem Mißbrauch vorgebeugt werden. So werden wir nicht umhin kommen, uns den neuen Anforderungen stellen zu müssen.

 
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©  2003-2012  Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit.
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2012-04-27
Abfalltonne