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Rechtsanwältin   Dr. Birgit Stede


Newsletter Dezember 2015

Regulierungsbedarf bei der Abfallentsorgung?
Wertstoffgesetz
Entsorgungsfachbetriebe
Abfallbeauftragte
Gewerbeabfallverordnung
Abfallverzeichnisverordnung
Queens day

Regelungsbedarf bei der Abfallentsorgung?

Ähnlich und prinzipiell skeptisch wie Bier und Wein wird offenbar die Abfallentsorgung betrachtet. Jedenfalls lässt die Regelungswut des Gesetzgebers dies vermuten. Und da wir in der Mitte der aktuellen Legislaturperiode sind, sprudeln die Gesetzes- und Verordnungsentwürfe gerade nur so. Über den Stand der Mantelverordnung hatten wir ja kürzlich berichtet. Aber das ist bei Weitem nicht alles.

Wertstoffgesetz

Nun liegt er vor, der Arbeitsentwurf zum Wertstoffgesetz. Die Gelbe Tonne soll also zur Wertstofftonne weiterentwickelt werden. Neben den Verpackungsabfällen sollen andere Kunststoff- und Metall-Abfälle bei den Haushalten getrennt erfasst und über die Dualen Systeme gesammelt werden. Gemeinsam mit Joghurtbechern und Konservendosen können dann künftig auch Plastikenten und kaputte Bratpfannen in der Wertstofftonne gesammelt und recycelt werden, so unser Bundesumweltministerium. Das ist wahrer Fortschritt. Rund 5 kg Wertstoffe pro Einwohner und Jahr könnten so zusätzlich einem hochwertigen Recycling zugeführt werden. Zudem sollen die Verwertungsquoten deutlich angehoben werden.

Auch soll in den Verkaufsregalen künftig deutlich lesbar darauf hingewiesen werden, ob es sich um Mehrweg- oder um Einweggetränkeverpackungen handelt.

Trotzdem ist keiner so recht zufrieden. Die Kommunen sowieso nicht, das ist klar. Aber die Betreiber der Dualen Systeme auch nicht so wirklich. Hier wird eingewendet, das Gesetz entspreche nicht den Zielsetzungen, die die Bundesregierung selbst zur Ressourcenschonung vorgegeben habe. Aber vor allem scheint es die Systembetreiber zu wurmen, dass den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger überhaupt noch gewisse Mitsprache- und Steuerungsrechte im Hinblick auf die Sammlung eingeräumt werden.

Andere befürworten hingegen den Gesetzesvorschlag. Sie begrüßen die Stärkung des Wettbewerbs. Nun ja. Die Dualen Systeme sollen verpflichtet werden, eine flächendeckende Sammlung sicherzustellen. Die Leistungen sollen sie ausschreiben. Transparent und ohne Diskriminierung. Das stärkt den Wettbewerb. Egal, wie verklausuliert die Verträge dann wieder ausfallen.

Entsorgungsfachbetriebe

Mit dem 2. Entwurf zur abfallrechtlichen Überwachung vom 24. Juli 2015 wird erkennbar, dass der Verordnungsgeber eine außerordentliche Skepsis sowohl gegenüber Entsorgungsfachbetrieben als auch gegenüber den prüfenden Sachverständigen hegt.

So soll vor Abschluss eines Überwachungsvertrags bzw. vor Aufnahme eines Betriebes in eine Entsorgergemeinschaft eine Vorprüfung vorgenommen werden, ob der jeweilige Betrieb überhaupt zertifizierungswürdig ist. Bereits jetzt wird der zuständigen Behörde im Rahmen des – nicht verbindlich geregelten – „Benehmensverfahrens“ die Möglichkeit eingeräumt, bei einem Betrieb die Zertifizierung zu blockieren. Dies soll nun mit dem Widerspruchsrecht, das der zuständigen Behörde gegen den Überwachungsvertrag bzw. die Aufnahme in die Entsorgergemeinschaft eingeräumt werden soll, verbindlich werden. Auch soll die erstmalige Zertifizierung innerhalb eines Jahres (bislang innerhalb von 2 Jahren) vorgenommen werden. Die Zertifizierung soll nur noch maximal 15 Monate gültig sein, selbst dann, wenn der Betrieb die Verzögerung nicht zu vertreten hat.

Zudem soll die zuständige Behörde zum Überwachungstermin eingeladen und der Überwachungsbericht an die Behörde übermittelt und im Register der Entsorgungsfachbetriebe veröffentlicht werden. Auch sollen die jeweils zuständigen Behörden an den Sitzungen des Überwachungsausschusses teilnehmen können.

Schließlich soll der Sachverständige mindestens alle 2 Jahre unangekündigte Vor-Ort-Kontrollen durchführen; ein 2. Sachverständiger soll spätestens alle 3 Jahren hinzugezogen werden und spätestens nach 5 Jahren soll ein Wechsel des Sachverständigen erfolgen. Im Übrigen soll ein Sachverständiger sowieso nur zugelassen sein, wenn gegen ihn kein Bußgeld von ≥ 500 € verhängt wurde. Weitergehende Bußgeldvorschriften – so etwa, wenn der Sachverständige seinen Mitteilungs- und Übermittlungspflichten nicht nachkommt – runden die Verschärfungen ab./p>

Das Zertifikat „Entsorgungsfachbetrieb“ war einmal als freiwillige Maßnahme eines Entsorgungsbetriebs gedacht, sich durch einen externen Gutachter überprüfen und zertifizieren zu lassen – nun soll es offenbar zum erweiterten Instrument der behördlichen Überwachung umfunktioniert werden.

Abfallbeauftragte

Auch die Abfallbeauftragtenverordnung soll aktualisiert werden. Das ist durchaus nachvollziehbar. Die aktuelle Fassung stammt aus dem Jahre 1978. Aber die vorgesehenen Änderungen erzeugen auch hier den Eindruck, dass die Skepsis gegenüber allem, was mit Abfall zu tun hat, das Leitmotiv ist.

So soll für jede Anlage, die nach Ziffer 8 der 4. BImSchV zu genehmigen ist, ein Abfallbeauftragter bestellt werden. Das würde gleichermaßen für ein Bauschuttlager auf einem Bauhof wie für ein kleines Zwischenlager für Boden oder Holz gelten, sobald die Lagermenge von 100 Tonnen oder mehr erreicht wird. Kommunal betriebene Wertstoffhöfe sind hingegen ausgenommen. Sie gelten nicht als Zwischenlager. Ähnlich aber die vorgesehenen Verschärfungen bei der Rücknahme z.B. von Verpackungsabfällen.

Auch die Anforderungen an die Fachkunde und Zuverlässigkeit des Beauftragten sollen einen strengen Rahmen erhalten. So darf gegenüber dem Beauftragten kein Bußgeld von ≥ 500,- € verhängt worden sein. Es sollen strikte Vorgaben an die Fortbildung festgelegt werden. Und der Beauftragte soll in „geordneten Lebensverhältnissen“ leben. Was das auch immer sein mag!

Gewerbeabfallverordnung

Die neue Gewerbeabfallverordnung soll einige Änderungen erfahren. So soll die stoffliche Recyclingquote für das sortierte Material nun zeitlich gestuft von 30 auf 50 Prozent erhöht werden. Ob das angesichts der Verpflichtung zur Getrennthaltung, die gestärkt werden soll, machbar ist, ist das Eine. Dass hierfür z.B. eine händische Sortierung in einer Vorsortierungsanlage nicht ausreichen soll – wir haben berichtet: die Sortieranlagen sollen bestimmte Anlagenaggregate vorhalten – ist das Andere. Durch die Vorgabe, bestimmte Anlagenaggregate vorzuhalten, wird, so ist wieder einmal zu befürchten, der Marktbereinigung Vorschub geleistet.

Schließlich will der Verordnungsgeber zwar keine Bilanzpflichten für Gewerbetreibende festschreiben, wie merkwürdigerweise von manchen Verbänden gefordert. Aber es sollen Dokumentationspflichten auferlegt werden, warum und weshalb den Getrennthaltungspflichten nicht nachkommen werden kann, Da freuen sich Maler, Schreiner und Fliesenleger, wenn sie spät abends auch noch diese Dokumentationen pflegen sollen.

Abfallverzeichnisverordnung

Eigentlich sinnvoll: Ein europäisch einheitliches Abfallverzeichnis. Das soll aber nun wieder uneinheitlich werden. Der deutsche Verordnungsgeber will bestimmte Dämmstoffe als gefährlichen Abfall einstufen, wenn diese die Werte der POP-Verordnung überschreiten. Dies ist zwar weder im europäischen Abfallverzeichnis noch in der POP-Verordnung vorgesehen. Doch offenbart sich bei dieser Diskussion schon jetzt die spannende Frage: Was geschieht künftig mit den Verbundstoffen, die in den letzten Jahren – teilweise mit öffentlicher finanzieller, jedenfalls aber mit politischer Unterstützung – für viel Geld zur Gebäudeisolierung verbaut wurden und immer noch werden. Und wenn die dann noch als gefährlicher Abfall eingestuft sind…

Queens day

Zu guter Letzt wollen wir eine Meldung aufgreifen, wonach anlässlich des 90. Geburtstags der Queen in England eine Kampagne „Clean for The Queen“ startet und Stadt und Land von wildem Müll gesäubert werden. Ein Königreich hat offenbar und irgendwie auch immer seine Vorteile.

 
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©  2003-2015  Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit.
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2015-12-10
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