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Rechtsanwältin   Dr. Birgit Stede


Newsletter Juli 2017

MHD und Verfallsdatum
Verfallsdatum für umweltrechtliche Vorgaben?
Monitoring der abfallrechtlichen Vorgaben
Die abfallrechtlich Verantwortlichen
Abfallerzeuger und -besitzer
Sammler und Beförderer
Händler und Makler
Das Spektrum der abfallrechtlich Verantwortlichen
Verfallsdatum von Entsorgungspflichten?

MHD und Verfallsdatum

Dass das Mindesthaltbarkeitsdatum künstlich noch verkürzt wird, ist auch eine mittlerweile bekannte Tatsache. Der Konsument soll verunsichert werden, ob er das Lebensmittel noch ohne gesundheitlichen Schaden verzehren kann. Ganz unabhängig davon, was alles als „Lebensmittel“ vermarktet wird. Käse für Pizzen ohne Käse. Rationen von Antibiotika infolge der Massentierhaltung usw. usw. Ähnlich wie ein Mindesthaltbarkeitsdatum gibt es ein Verbrauchsdatum – so etwa bei verderblichen Lebensmitteln – sowie ein Verfallsdatum, so etwa bei Medikamenten. Auch da kratzt man sich am Kopf. Sicher, ein 20 Jahre altes Aspirin wirkt vermutlich nicht mehr so stark, aber 3 Tage nach Ablauf des Verfallsdatums?

Verfallsdatum für umweltrechtliche Vorgaben?

Die Idee mit dem Verfallsdatum ist aber trotzdem gar nicht so blöd. Wie wär’s mit einem Verfallsdatum für umwelt- und abfallrechtliche Gesetze und Verordnungen? Über den Wust an aktuell neuen und geänderten Vorgaben hatten wir ja zuletzt berichtet. Auch wenn die praktische Tauglichkeit dieser Reglementarien zuweilen von Anfang an infrage zu stellen ist, so wäre ein Verfallsdatum zur Überprüfung der Erforderlichkeit, der praktischen Umsetzbarkeit und der Angemessenheit sicher zu begrüßen.

Monitoring der abfallrechtlichen Vorgaben

Immerhin wird zuweilen ein Monitoring zu den neuen Anforderungen vorgegeben. So sollen z.B. bei der MantelV, egal, ob sie in dieser Legislaturperiode noch kommt oder nicht, künftig über ein solches Monitoring die Auswirkungen ebendieser Verordnung ermittelt werden. Ob das dann wirklich zu Überarbeitungen und Korrekturen führen wird? So liegen z.B. mittlerweile zwei Monitoringberichte der Bundesregierung zu den Auswirkungen der §§ 17 und 18 KrWG für gewerbliche Sammlungen vor. Mit dem Ergebnis, dass man gesetzlich nichts ändern müsse. Die Verwaltungsgerichte hätten die erforderlichen Klarstellungen getroffen. Nach Hunderten von Rechtsstreitigkeiten, die teilweise zu diametral voneinander abweichenden richterlichen Einschätzungen führten.

Nun gut, kein Verfallsdatum. Und bislang jedenfalls keine wirklich ernst zu nehmenden Auswirkungen durch Monitoring.

Wir müssen uns also an die abfall- und umweltrechtlichen Vorgaben halten, egal, ob diese sinnvoll sind. Egal, ob diese überhaupt dem Umweltschutz dienen.

Die abfallrechtlich Verantwortlichen

Aber wer ist wir? Wer sind die abfallrechtlich Verantwortlichen? Klar, da gibt es Abfallerzeuger und -besitzer, Entsorger, Sammler und Beförderer und natürlich auch Händler und Makler.

Aber wer ist was? Immer wieder taucht die Frage auf: Bin ich eigentlich Erzeuger? Bin ich Abfallbesitzer? Und zum Teil tiefgreifende juristische Ausführungen tragen ihren Teil zur Verunsicherung bei, manchmal aber auch zu dem falschen Gefühl, auf der sicheren Seite zu sein.

Abfallerzeuger und besitzer

Abfallerzeuger ist jeder, durch dessen Tätigkeit Abfälle anfallen bzw. derjenige, der Abfälle behandelt und hierdurch eine Veränderung der Beschaffenheit oder der Zusammensetzung bewirkt. Soweit so gut. Das kennen wir. Aber wer ist tatsächlich Abfallerzeuger? Der Bauherr sagt sich: Nein, ich doch nicht. Dafür beauftrage ich doch ein Bau- respektive Abbruchunternehmen. Umgekehrt sagen sich Bau- und Abbruchunternehmen: Ich arbeite doch nur im Auftrag des Bauherrn. Die tiefgreifenden juristischen Ausführungen helfen nicht wirklich weiter. Zum Teil wird sogar übersehen, dass das Oberverwaltungsgericht NRW bereits im Jahre 2012 den Bauherrn prinzipiell als Abfallerzeuger eingestuft hat. Und dabei offensiv offen gelassen hat, ob Bau- / Abbruchfirmen neben dem Bauherrn nicht auch Abfallerzeuger sind. Was angesichts der Definition – derjenige, durch dessen Tätigkeit Abfälle anfallen – nahe liegt. Und was angesichts der politischen Zielsetzung nahe liegt: Denn im Zweifel soll jeder an der Entstehung von Abfällen Beteiligte verantwortlich sein und bleiben!

Dasselbe gilt für die Abfallbesitzer. Abfallbesitzer ist jeder, der die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat. Auch das kennen wir. Bauherr, Baufirma, Abbruchfirma, Sammler und Beförderer gelangen wie auch immer – und sei es nur für einen Moment - in den Abfallbesitz. Und Entsorger sowieso. Also sind sie Abfallbesitzer.

Übrigens kann man auch ganz ohne eigenen Willen zum Abfallbesitzer werden. Sei es auf einer Baustelle, auf der Dritte ihren Müll in den Containern entsorgen. Sei es als Betreiber einer Entsorgungsanlage, wenn Abfälle wild auf das Grundstück geworfen werden. Oder sei es als Privatmann, wenn Fremde in seinem Garten Müll abladen. Denn abfallrechtlich kann man auch ganz willenlos Besitzer werden.

Sammler und Beförderer

Sammler und Beförderer werden mit Verladung von Abfall ebenfalls Besitzer und damit abfallrechtlich verantwortlich. Und so wird selbst ein Abfallbeförderer, der als Subunternehmen für ein anderes Unternehmen die Abfälle zur Entsorgungsanlage befördert, von der Rechtsprechung als verantwortlicher Abfallbesitzer angesehen. Denn mit Verladung könne er letztlich den weiteren Weg, den die Abfälle nehmen, steuern. So kann im Zweifel selbst ein kleines Transportunternehmen, das als Unterauftragnehmer Abfälle befördert, sogar für die anfallenden Gebühren in Anspruch genommen werden. So z.B. dann, wenn der Bauherr pleite ist.

Händler und Makler

Als Händler gilt, wer Abfälle kauft und verkauft. Er muss keinen Besitz an den Abfällen erwerben. Dabei können z.B. auch Bauunternehmer, die als Generalunternehmen sämtliche Arbeiten an Unter-Auftragnehmer delegieren, Händler sein, nämlich dann, wenn über sie die Entsorgungsleistungen abgerechnet werden.

Makler ist jeder, der einen Entsorgungsweg zwischen Abfallerzeuger resp. -besitzer und Entsorgungsfirma vermittelt. Ja, auch das weiß man. Aber nach der Vollzugshilfe zum Anzeige- und Erlaubnisverfahren können sogar Ingenieurbüros, die eine bestimmte Entsorgungsanlage empfehlen, als Makler eingestuft werden.

Das Spektrum der abfallrechtlich Verantwortlichen

ist somit umfassend. Jeder, der tatsächlich oder vertraglich wie auch immer mit Abfällen in Berührung kommt, ist im Zweifel in der Verantwortung. Selbst dann, wenn er sich gar nicht darüber bewusst ist, wie etwa unser Gutachter, der ja nur gut gemeint beraten will.

Und im Zweifel können alle Beteiligten bis zum endgültigen Abschluss der Entsorgung in die Pflicht genommen werden.

Verfallsdatum von Entsorgungspflichten?

Denn ein Verfallsdatum für Entsorgungspflichten gibt es – jedenfalls grundsätzlich – nicht. Das hat das BVerwG bereits in seinem Urteil vom 28. Juni 2007 klargestellt. Dies gilt selbst dann, wenn die Abfälle einem zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb übergeben wurden, die Entsorgung jedoch scheitert.

Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn sich in der Entsorgungsanlage – z.B. durch Brand oder Vermischung – die Art oder die Zusammensetzung der Abfälle verändert, die Abfälle also nicht mehr mit denen vergleichbar sind, die ursprünglich angeliefert worden waren. Der ursprüngliche Besitzer bleibt nur für das verantwortlich, was er einmal besessen hat. Immerhin.

Dafür letztlich aber unendlich. Es gibt kein Verfallsdatum!

 
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©  2003-2017  Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit.
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2017-08-12
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