Rechtsanwältin Dr. Birgit Stede |
Verwertung in Müllverbrennungsanlagen
Nach Erlass des KrW-/ AbfG und des danach eingetretenen Gerangels um Abfälle zur Sicherung von Marktpositionen haben sich einige Müllverbrennungsanlagen den Verwerterstatus einräumen lassen. Nicht zuletzt, um Abfälle mit höheren Heizwerten frei auf dem Markt akquirieren zu können. Doch hat der Europäische Gerichtshof am 13. Februar zwei Entscheidungen gefällt: Die schon mehrfach erwähnte zur Verwertung von Abfällen im belgischen Zementwerk. Und die so genannte Luxemburg-Entscheidung. Danach gilt die Verbrennung von Abfällen in Müllverbrennungsanlagen als Abfallbeseitigung. Diese Anlagen werden betrieben, um die Abfälle zu entsorgen – zu beseitigen. Die Nutzung der anfallenden Energie sei nur untergeordneter Zweck, so der EuGH.
Das saarländische Oberverwaltungsgericht hat sich nun dieser Auffassung angeschlossen und die Verwertung von Abfällen aus dem Saarland in der Wuppertaler Müllverbrennungsanlage für unzulässig erklärt. Tatsächlich handele es sich bei einer Verbrennung im Müllheizkraftwerk um eine Beseitigung, sodass die Abfälle als Abfall zur Beseitigung und damit als überlassungspflichtig einzustufen seien.
Das Gericht wendet damit die Kriterien des europäischen Abfallrechts an und verweist explizit darauf, dass das, was auf europäischer Rechtsebene geklärt sei, auch für das nationale Recht von Bedeutung sei. Ja, das ist konsequent. Eine Konsequenz allerdings, die – jedenfalls zurzeit noch – eher gelegentlich gezogen wird.
Thermische Verwertung in anderen Anlagen
So schwant es jedenfalls dem – auch wohl wollenden – Leser angesichts des vom nordrhein-westfälischen Umweltministerium vorgelegten Leitfadens zur energetischen Verwertung von Abfällen in Zement-, Kalk- und Kraftwerken. Denn danach sind 19 Abfallarten – z.B. Holz, Altreifen und Kunststoffe – generell für die thermische Verwertung in solchen Anlagen als geeignet eingestuft. Weitere 12 Abfallarten, wie etwa Bekleidung und Farbabfälle, stehen auf einer so genannten Scoping-Liste. Für diese Abfälle muss im Einzelfall nachgewiesen werden, dass sie für die thermische Verwertung geeignet sind, insbesondere Schwermetallgrenzwerte nicht überschritten werden.
Und was ist mit anderen Abfallarten? Was ist mit der Heizwertklausel, die der EuGH im Urteil vom 13. Februar 2003 (belgische Zementindustrie) für nicht maßgebend erklärt hat. Das, was auf europäischer Rechtsebene geklärt sei, sei auch für das nationale Recht von Bedeutung, so das saarländische Oberverwaltungsgericht.
Die Heizwertklausel im KrW-/ AbfG wird nicht aufgehoben (wir haben letztes Mal berichtet), nun werden nur bestimmte Abfallarten als für die thermische Verwertung in Zement-, Kalk- und Kraftwerken geeignet angesehen. Eine Umsetzung europäischen Abfallrechts ganz im Sinne von schweizer Käseproduktion..
Never-ending-story: Gewerbeabfall
Über die Gewerbeabfallverordnung haben wir uns ja schon öfter ausgelassen. Und wir kommen nicht umhin, immer wieder auf diese Verordnung zurück zu kommen. Auch auf die Frage, wie Abfallgemische, die nach dieser Verordnung nur aus bestimmten Abfallfraktionen bestehen dürfen, einzustufen sind, wenn nicht zugelassene Fehlwürfe enthalten sind. Einige öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger verhängten gleich das Damoklesschwert: Sind nicht zugelassene Fraktionen oder Fehlwürfe enthalten, so sei dies eben kein zugelassenes Gemisch – und das gesamte Gemisch wurde als Beseitigungsabfall eingestuft.
Dieser Einstufung hat das Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder nun aktuell im Juli dieses Jahres erstmalig einen Riegel vorgeschoben. Auch dann, wenn Fehlwürfe in einem Gemisch enthalten sind, kann das ganze Gemisch noch als Verwertungsabfall eingestuft werden, wenn der überwiegende Teil der Abfälle tatsächlich noch verwertet werden kann und soll. Andernfalls würde der gesetzlich verankerte Vorrang der Verwertung vor der Beseitigung unterlaufen.
Eine Entscheidung, einmal wieder im Sinne der europäischen Abfallrechtsvorgaben. Ob die Gewerbeabfallverordnung – oder deren Auslegung – angesichts der europäischen Vorgaben grundsätzlich Bestand haben wird, ist damit allerdings noch nicht geklärt.
Moderne Zeiten
Das zeitgenössische menschliche Hirn wird mit den vielfältigsten Anforderungen konfrontiert. Es soll Abkürzungen, deren Inhalt man nicht weiß, trotzdem im richtigen Sachzusammenhang verwenden; immer komplizierte Formulare ausfüllen können, und unterschiedliche Systembezeichnungen abspeichern.
So beim Dosenpfand:
Beim letzten mal haben wir von der großen Neuerung beim Dosenpfand berichtet: Künftig muss nicht nur der Händler, bei dem die Cola- oder Limo- oder sonstige Flasche gekauft wurde, das erhobene Pfand zurück erstatten, sondern jeder andere Vertreiber, der einem neuen Rücknahmesystem angeschlossen ist. Nur: jetzt haben wir gleich eine Mehrzahl von Rücknahmesystemen. Man merke sich P-System, Vfw/Spar-System, Westpfand/Interserohsystem und diverse Insellösungsysteme.
Das Dosenpfand: Ökologisch und ökonomisch umstritten; aber offenbar das Lieblingskind unseres Umweltministers. Aber: Wo habe ich welche Flasche gekauft – wo kann ich sie wieder abgeben? Das spornt die Gedächtnisleistung an – und dass soll ja vor Altwerden schützen. Immerhin!
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