Rechtsanwältin Dr. Birgit Stede |
Illegale Abfallentsorgung
Wurde früher zuweilen bemängelt, Straftaten gegen die Umwelt würden als Kavaliersdelikte gelten und nicht entsprechend geahndet – das Damoklesschwert des Umweltstrafrechts sei viel zu stumpf – so ist dem schon lange nicht mehr so.Mit Urteil vom 20. Juli ist nun der in der Öffentlichkeit als größter Umweltskandal der letzten Jahre titulierte Fall Neuendettelsau entschieden worden: 5 Jahre Haft ohne Bewährung. Revision wurde angekündigt. Ob es den betreffenden Bauer zurecht trifft, nun, darüber mögen wir nicht urteilen.
Aber ein, zwei Bemerkungen wollen wir uns dennoch erlauben: In der Urteilsbegründung wurde ausgeführt, auf den Feldern, auf denen der Bauer den Giftmüll „entsorgt“ haben soll, habe es "bunt geschillert" und bestialisch gestunken. Wie konnte das eigentlich so lange unbemerkt bleiben? Ist es gar nicht. Es gab Beschwerden. Aber bestialischer Geruch – wir hatten's ja noch im vorletzten newsletter mit der Gülle – wird auf Feldern wohl eher als etwas Alltägliches bewertet.
5 Jahre ohne Bewährung. Ein Wandel in der Rechtsprechung? Erinnern wir uns an den Fall Mitte der 80er Jahre: Durch einen – nennen wir es mal ganz neutral – „Vorfall“ in einem großen Chemiewerk waren im Rhein auf weite Strecke Flora und Fauna tot. Weitestgehend tat. Denn ein paar Bakterien hatten überlebt. Das Verfahren gegen sämtliche Verantwortliche des Chemiekonzerns wurde eingestellt. Es konnte kein Verschulden festgestellt werden. Dagegen traf es aber einen Reporter: Der hatte einen Fisch in ein Aquarium gesetzt, eine entsprechende Menge Gift in das Wasser gekippt und das Ganze gefilmt. Er wollte dokumentieren, wie qualvoll die Tausende von Tonnen Fisch im Rhein verendet waren. Der Reporter wurde wegen Tierquälerei verurteilt.
Ein Wandel in der Rechtsprechung? Nein, Umweltdelikte werden schon seit Anfang der 90er Jahre verstärkt verfolgt und verurteilt. Polizei und Staatsanwaltschaften haben sich immer mehr in die Thematik eingearbeitet. Auch wenn es zuweilen schwer drauf ankommt, von wem eine (illegale) Umweltverschmutzung veranlasst wurde: Immer mehr Umweltdelikte – und hier vor allem die illegale Abfallentsorgung – werden verfolgt und angeklagt;. Und das angesichts dessen, dass die umweltrechtlichen Anforderungen immer komplexer, fast kaum noch überschaubar sind. Oder so gut wie gar nicht zur Kenntnis genommen werden können.
Wie etwa die Änderung der 4. BImschV, nach der Abfallentsorgungsanlagen – anders als Produktionsanlagen – vom 1. Betriebstag an genehmigungspflichtig sind. Die Änderung erfolgte im Rahmen des Gesetzes zur Sicherstellung von Nachsorgepflichten bei Abfalllagern von Juli 2001. Wer diese Änderung verpasst oder sie schlicht überlesen hat, weil er z.B. mit Nachsorgepflichten bei Abfalllagern eigentlich keine Probleme oder Berührungspunkte hat, hat Pech gehabt.
So wurden Betreiber von kurzzeitigen Lägern und Anlagen zur Baustellenabfallsortierung verurteilt, weil sie eine immissionsschutzrechtlich genehemigungsbedürftige Anlage eben ohne die erforderliche Genehmigung betrieben haben. Nicht zu Freiheitsstrafe, aber immerhin zu einer Geldstrafe. Dass diese Genehmigungspflicht „vom ersten Tag an“ dem jeweiligen Betreiber überhaupt nicht bewusst war, wurde dabei für unerheblich befunden. Es hätte ihm bewusst sein müssen.
Und ob diese Anforderung unter umweltschützenden Gesichtspunkten stets sinnvoll erscheint, ist sowieso eine andere Frage: Das Lagern und Sortieren z.B. von Bauschutt in einer Anlage ist vom 1. Tag an genehmigungspflichtig – egal, ob die Anlage von der nächsten Wohnbebauung weit entfernt liegt und keine Belästigungen hervorruft. Die Behandlung am Entstehungsort – gegebenenfalls mitten im Wohngebiet – ist hingegen genehmigungsfrei.
Im Zweifel ist es jedenfalls immer empfehlenswert, vorab zu klären oder klären zu lassen, ob die Entsorgung den umweltrechtlichen Anforderungen genügt oder nicht – und nicht darauf vertrauen, es werde schon gut gehen!
Europameister?
Deutschland als Europameister? Weit gefehlt. Nicht nur, soweit es Fußall betrifft. Deutschland als Vorreiter bei der Umsetzung der umweltrechtlichen Anforderungen der Europäischen Union? Noch ein Fehlpass. Wir hatten ja schon öfter erwähnt, wie der Europäische Gerichtshof die mangelnde Umsetzung europäischer Richtlinien durch Deutschland rügt.
Altfahrzeuggesetz
Zurzeit kritisiert die Europäische Kommission die lückenhafte Umsetzung der europäischen Altfahrzeugrichtlinie durch Deutschland. Wohnmobile seien mitsamt Ausrüstungsgegenständen zum Teil vom Anwendungsbereich ausgenommen worden. Deutschland beruft sich hingegen darauf, dass viele Wohnmobile auf Nutzfahrzeugen > 3,5 t aufgebaut seien; zudem seien Ausrüstungsgegenstände wie Dusch- und Toiletteneinrichtungen, Küchenarmaturen und Elektoinstallationen keine für Kraftfahrzeuge typischen Gegenstände.
Tatsächlich sieht die Altfahrzeugrichtlinie nur Ausnahmen für Fahrzeuge vor, die aufgrund ihrer besonderen Zweckbestimmung mit Gegenständen ausgerüstet sind, die für diese besondere Zweckbestimmung erforderlich sind – und dann eben auch nur für diese Gegenstände. Ob die erwähnten Einrichtungsgegenstände einer besondere Zweckbestimmung von Wohnmobilen (als Kraftfahrzeugen), oder nicht vielmehr der "normalen" Zweckbestimmung von Wohnmobilen dienen – tja, darüber lässt sich trefflich streiten.
Verwertung auf Deponien
Auch der jetzt vorliegende Referentenentwurf zur Verwertung von Abfällen auf Deponien lässt einige Zweifel an der Europarechtstreue aufkommen. "Geeignete" Materialien sollen u.a. zum Zwecke der Profilierung des Deponiekörpers verwertet werden, wenn der Deponiebetrieb ab Ende Mai 2005 beendet werden muss (wir hatten bereits über den Vorentwurf berichtet). Ist nicht die Profilierung des Deponiekörpers die Fertigstellung des Deponiekörpers selbst? Und hatte nicht die europäische Abfallrahmenrichtlinie – und mit ihr das KrW-/ AbfG – unter Ziffer D1 die Ablagerung in und auf dem Boden als Beseitigungsverfahren eingestuft? Der Europäische Gerichtshof hält strikt an dieser Einstufung fest. Er drängt auf die korrekte Zuordnung der Entsorgungsverfahren nach Anhang IIA und IIB.
Es scheint ganz so, als sollte der Betrieb von Deponien, die nach deutscher Verordnungslage am 31. Mai 2005 zu schließen sind, nun doch verlängert werden – als Verwertungsbetrieb. Aber noch ist nichts zu spät: Wegen der vielen Kritikpunkte an dem Referentenentwurf, die nicht zuletzt auf die unterschiedlichsten Interessen zurückzuführen sind, wird der Entwurf zurzeit vom Bundesumweltministerium überarbeitet. Wir dürfen gespannt bleiben, ob die Verordnung noch halbwegs EG-rechtskonform ausfallen wird.
Elektrogeräte
Und noch ein Referentenentwurf liegt seit Anfang Juli vor, der Referentenentwurf zum Elektro- und Elektronikaltgerätegesetz. Über die Vorentwürfe hatten wir ebenfalls bereits berichtet – und über den aktuellen Diskussionsstand demnächst mehr.
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