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Rechtsanwältin   Dr. Birgit Stede


Newsletter September 2009

Blaue Tonne und die Verwertung von Abfällen aus privaten Haushalten
Konsequente Umsetzung der Deponieverordnung
Sicherheitsleistung für Entsorgungsbetriebe
Anzeigepflicht bei Änderung des Entsorgungsweges
Nochmals: Geringfügigkeitsschwellenwerte, Verfüllungen und Baustoffe
Getrennte Sammlung und Energieverbrauch

Blaue Tonne und die Verwertung von Abfällen aus privaten Haushalten

Nach einigen zum Teil sehr widersprüchlichen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen zur Frage der Zulässigkeit der ‚Blauen Tonne‘ hat nun das Bundesverwaltungsgericht ein Machtwort gesprochen. Private Haushalte müssen grundsätzlich ihre verwertbaren Abfälle dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger überlassen, es sei denn, sie können die Abfälle selbst verwerten (so vor allem die so oft zitierte Kompostierung im eigenen Garten). Gewerbliche Sammlungen verwertbarer Haushaltsabfälle – und so auch von Altpapier – seien nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig. Die private Sammlung dürfe nicht mehr als allenfalls geringfügige Auswirkungen auf die Organisation und Planungssicherheit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben; andernfalls ist sie unzulässig. Und auch die Betreiber der Dualen Systeme nach der Verpackungsverordnung werden gleich mit geschützt. Auch diese Entsorgungsstruktur dürfe durch gewerbliche Sammlungen von Abfällen aus privaten Haushalten nicht negativ beeinflusst werden.

Bei aller Widersprüchlichkeit der vorangegangenen Entscheidungen muss jedoch festgestellt werden, dass auch diese Entscheidung im Widerspruch zur (früheren) Auffassung der Bundesregierung steht: „§ 13 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz (ermöglicht) privaten Haushaltungen, auch Dritte mit der Verwertung ihrer Abfälle zu beauftragen.“ So die Stellungnahme der Bundesregierung vom 14.01.1997. Wir werden sicher auf dieses Thema zurückkommen. Bis dahin und in der Zwischenzeit entfachen die Diskussionen, wer nach dem künftigen KrW-/AbfG welche Abfälle entsorgen kann und darf, auf’s Neue. Denn das Gesetz muss bis spätestens 2010 an die neue EG-Abfallrahmenrichtlinie angepasst werden.

Konsequente Umsetzung der Deponieverordnung

Einer Pressenotiz konnten wir entnehmen, dass der Bundesverband Deutscher Sonderabfallverbrennungsanlagen eine konsequente Umsetzung der am 16. Juli in Kraft getretenen neuen Deponieverordnung fordert. Danach dürfen z.B. keine Abfälle mit höheren Organikanteilen mehr auf Deponien abgelagert werden. Auch nicht ausnahmsweise. Somit auch keine Shredderleicht- und Shredderschwerfraktion. Gleichzeitig fordert der Verband ein generelles und eindeutiges Verdünnungsverbot im KrW-/AbfG. Das ist erstaunlich. Denn für die geschätzen 30.000 bis 40.000 Jahrestonnen chlorreiche Shredderschwerfraktion besteht das Problem des Grenzwerts eben für Chlor bei der Verbrennung. Das Problem sei aber zu bewältigen, so der Vertreter eines anderen Verbrennungsanlagen-Verbandes. Es komme auf das Mischungsverhältnis an. Das Material müsse nur fein dosiert auf mehrere Verbrennungsanlagen verteilt werden. Wenn das mal keine Verdünnung ist…

Sicherheitsleistung für Entsorgungsbetriebe

Nach dem Durchmarsch des Rechtsbereinigungsgesetzes Umwelt wird nun doch die Sicherheitsleistung für Abfallentsorgungsbetriebe verbindlich festgeschrieben. Die Mehrbelastung haben die Entsorger in Kauf zu nehmen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte in seinen Entscheidungen vom 13. März 2008 auf das generelle und latente Insolvenzrisiko von Entsorgungsfirmen abgestellt, da diese mit Sachen von negativem Wert handeln. Was aber ist mit Firmen, die gleichzeitig Produktions- und Entsorgungsfirmen sind? Was ist mit Firmen, die hochwertige Maschinen einsetzen, die auch im Insolvenzfalle ausgesprochen positive Werte darstellen? Letztlich ist dies bei der Frage der Höhe der Sicherheitsleistung zu klären, die – jedenfalls noch – eine behördliche Ermessenssache ist. Aber wer weiss, wann die Verordnung zur Festlegung der Höhe der Sicherheitsleistung für Entsorgungsbetriebe erlassen wird. Heutzutage wird ja alles möglich.

Öffentlich-rechtliche Entsorger können übrigens von der Sicherheitsleistung für Deponien befreit werden. Letztlich zahlt dann im Falle der „Zahlungsunfähigkeit“ der Bürger. Das aber soll bei der Insolvenz privater Entsorgungsfirmen vermieden werden.

Anzeigepflicht bei Änderung des Entsorgungsweges

Und ein weiterer Wunsch des Bundesrates wurde nun im Rechtsbereinigungsgesetz Umwelt verankert: Änderungen des Entsorgungsweges sind künftig bei der Behörde anzuzeigen. Da freut sich „la grenouille de bénitier“ (im Deutschen würde man Betbruder/Betschwester sagen, aber um wieviel schöner ist das Bild des „Froschs im Weihwasserbecken“), den es sogar in deutschen Umweltbehörden geben soll. Zwar können die Behörden stets die Anlagen überwachen und die Erzeuger von gefährlichen Abfällen müssen Nachweise und Register über den Verbleib führen. Entsorger müssen darüber hinaus den Verbleib der angenomenen und gegebenenfalls behandelten Abfälle nochmals in Jahresübersichten zusammenfassen. Aber wehe, man zeigt nicht rechtzeitig eine Änderung des vorgesehenen Entsorgungsweges an. Wenn das nicht eine Ordnungswidrigkeit ist! Ob diese Vorgabe tatsächlich dem Umweltschutz dient, wagen wir allerdings zu bezweifeln. Die, die sich angesichts des Wusts umweltrechtlicher Vorgaben abmühen, so korrekt wie möglich zu arbeiten, werden mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand belastet. Die schwarzen Schafe aber, die den Teufel tun, sich um die Legalität der Entsorgungswege zu scheren, werden sich wohl kaum um diese Anzeigepflicht scheren.

Nochmals: Geringfügigkeitsschwellenwerte, Verfüllungen und Baustoffe

Zuletzt hatten wir berichtet, dass die Geringfügigkeitsschwellenwerte von hinten über das Wasserrecht etabliert werden sollten. Damit hätte das Sickerwasser aus Verfüllungen für manche Parameter eine bessere Qualität aufweisen müssen als Trinkwasser, sodass enorme Mengen an Boden (und – soweit zulässig – an Bauschutt) nicht mehr hätten verfüllt werden können. Auch hätten viele Recycling- und sogar Primärbaustoffe mit diesen Werten nicht mehr verwendet werden dürfen. Diese geplante Änderung im Wasserrecht ist nun gekippt. Es gibt auch erfreuliche Meldungen! Bleibt zu hoffen, dass die Erkenntnis auch bei der noch zu erlassenden Verordnung für die Verwertung mineralischer Abfälle – der Ersatzbaustoffverordnung – berücksichtigt wird.

Getrennte Sammlung und Energieverbrauch

Die Landschaft ist durch die verschiedenen Wertstofftonnen schön bunt geworden. Jetzt gesellt sich eine weitere Farbe hinzu: Orange. So jedenfalls in Berlin. Ob die getrennte Sammelei überhaupt erforderlich ist, erforderlich war? Nun, unseren Zweifel daran haben wir ja schon des Öfteren geäußert. Dafür gibt es nun einen Modellversuch nach dem anderen, ob nicht doch die gemeinsame Erfassung und Sammlung bestimmter Abfallfraktionen möglich ist. Als ob das Rad ständig neu erfunden werden müsste. Und bis sich die Alternativmodelle tatsächlich durchsetzen sollten, rollen die Müllfahrzeuge gleich mehrfach durch die Straßen oder der Privatmann fährt regelmäßig zum Wertstoffhof. Wir haben bislang keine Berechnung gesehen, wieviel Sprit eigentlich wegen dieser Trennerei verbraucht wird. Ganz vergleichbar mit unserer so schönen Abwrackprämie. Es wird hochgelobt, dass künftig nur noch Autos mit hohen Umweltstandards über deutsche Straßen rollen sollen. Aber wieviel Energie wird für die vorzeitige Verschrottung der Altfahrzeuge und die Herstellung der Neufahrzeuge verschwendet? Mit Umweltschutz hat das Ganze herzlich wenig zu tun.

 
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©  2003-2010  Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit.
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2010-09-01
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