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Rechtsanwältin   Dr. Birgit Stede


Newsletter Dezember 2011

Wer darf was entsorgen?
Kommunale Entsorger…
… contra private Entsorger
Das KrW-/AbfG im Vermittlungsausschuss?
Thermische Verwertung und Kaskadennutzung
Gülle: Abfall und Nicht-Abfall
Gülle in Biogasanlagen
Nitrat, Chlorid und Mantelverordnung
Von Abfall zu Produkt
Kosten für die Entsorgung von Löschwasser

Wer darf was entsorgen?

Dabei dreht sich die Kritik um die altbekannten, schier unüberbrückbaren Streitigkeiten: Wer darf was entsorgen? Wer hat Zugriff auf welche Abfallströme?

Mit dem vom Bundestag vorgeschlagenen Kompromiss sollten die Kommunen die Möglichkeit haben, gewerbliche Sammlungen zu untersagen, wenn diese die Funktionsfähigkeit, die Planungssicherheit oder die Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgers gefährden.

Kommunale Entsorger …

Das habe gleich zwei Haken, so manche Vertreter der Kommunalinteressen: Zu viele unbestimmte Rechtsbegriffe. Man will eine klare und eindeutige Zuweisung auch der wertstoffhaltigen Haushaltsabfälle zu den Kommunen. Außerdem beinhalte die „Gleichwertigkeitsklausel“, dass Private ohne Rücksicht auf die Kommunen Abfälle entsorgen dürften, wenn ein höherwertiges Angebot bestünde. Das darf natürlich nicht sein, hochwertige Verwertung hin oder her.

… contra private Entsorger

Umgekehrt sehen Vertreter der Privatwirtschaft eine zu starke Beschränkung des freien Wettbewerbs. Das Wort „Rosinenpickerei“ wird nun umgekehrt ins Spiel gebracht: Hatten bislang Kommunen den Privaten vorgeworfen, diese wollten sich nur die lukrativen Stoffströme sichern, so argumentiert nun mancher, die Kommunen könnten sich künftig aussuchen, welche Wertstoffe sie erfassen und verwerten wollen und welche sie der Privatwirtschaft überlassen.

Das sieht die Bundesregierung allerdings anders. Die Kommunen könnten gewerbliche Sammlungen (nur) verhindern, wenn sie selbst Wertstoffe aus Haushaltungen effizient erfassen und hochwertig verwerten. Bessere Serviceleistungen durch gewerbliche Sammlungen könnten hingegen nicht verhindert werden.

Der Streit – wer hat Zugriff auf die werthaltigen Fraktionen wie Altpapier, StNVP (auch so ein schönes neudeutsches Kürzel) oder, auch hier tobt es zurzeit, auf Altkleider - geht also in die nächste Runde. Dagegen betonen gemäßigte Stimmen, es müsse ein Miteinander und kein Gegeneinander geben. Aktuell würden ohnehin ca. 60 % der der öffentlichen Hand unterliegenden Entsorgungsleistungen von Privatfirmen durchgeführt.

Das KrW-/AbfG im Vermittlungsausschuss

Die Länder, die die Rechte der Kommunen zu sehr beschnitten sehen, haben sich also am 25. November im Bundesrat durchgesetzt. Entsprechend des Votums des Umweltausschusses. Und dies, obwohl die Kommunalverbände dem Kompromissvorschlag des Bundestages zugestimmt hatten.

Allerdings wird von manch einem befürchtet, dass nicht unbedingt sachgerechte Lösungen im Vermittlungsausschuss gefunden werden. Denn im Vermittlungsausschuss würden zu oft Kompromisse eingegangen im Hinblick auf ganz andere Politikfelder, die mit abfallrechtlichen Grundsätzen und Zielsetzungen überhaupt nichts zu tun haben. Daher wird an den Vermittlungsausschuss appelliert, an einer seriösen fachlichen Lösung zu arbeiten.

Thermische Verwertung und Kaskadennutzung

Und noch eine Gleichrangigkeitsklausel ist – unverändert – im Entwurf enthalten und wurde auch vom Bundesrat nicht angegriffen: Die grundsätzliche Gleichstellung der thermischen Verwertung mit dem Recycling, wenn die Abfälle einen Mindestheizwert von 11.000 kJ/kg aufweisen. Über Verordnungen soll nun möglichst zügig für bestimmte Abfälle eine Kaskadennutzung festgeschrieben werden: Erst stofflich, dann thermisch.

Kaskadennutzung. Das klingt gut. Dass die grundsätzliche Gleichstellung der europäischen Abfallrahmenrichtlinie widerspricht, ist da fast nebensächlich. Denn nach der gilt nunmal Recycling vor thermischer Verwertung. Und ob und wann und für welche Abfallstoffe die Kaskadennutzung tatsächlich verbindlich vorgegeben wird, …?

Gülle: Abfall und Nicht-Abfall

Auch Gülle ist wieder ein Thema. Das ist nicht ganz verwunderlich. Denn es gibt wegen der industrialisierten Landwirtschaft unglaublich viel davon. Allein in Thüringen wurde einem Pressebericht zufolge 3 Mio. m3 / Jahr Schweine- und Rindergülle auf Feldern ausgebracht. Und sie gilt als Produkt, weil Wirtschaftsdünger. Egal, ob das Grundwasser nitratverseucht wird, egal, ob die Gülle letztlich nur aufgebracht wird, um sie loszuwerden. Und Nitrat gilt nuneinmal als krebserzeugend.

Gülle in Biogasanlagen

Wenn aber Gülle in Biogasanlagen eingesetzt wird, soll sie aufgrund der europäischen Vorgaben Abfall sein. Dagegen wehrt sich der deutsche Bauernverband: Fast bestaunenswert mutet uns dabei das Selbstvertrauen dieses Verbandes an: Gülle sei ein „Nebenprodukt“. Na klar, wir bestätigen tagtäglich unserer Toilettenschüssel, dass sie der Vermarktung unserer Produkte dient.

Außerdem werde über die gewünschte Kaskadennutzung die aufkeimende Biogasbranche gelähmt. Was die Kaskadennutzung allerdings mit auf Feldern versprühter Gülle zu tun haben soll, bleibt ein Rätsel. Außer dass das Versprühen einer – allerdings ziemlich geruchsintensiven – Kaskade gleicht.

Aber der Gesetzgeber will den Biogasanlagenbetreibern nicht wirklich ans Leder. Über eine Änderung der 4. BImSchV soll es letztendlich gleichgültig sein, ob es sich bei Gülle um Abfall handelt oder nicht. Dass Gülleläger auch schon mal auslaufen und ganze Stadtteile überschwemmen, ist da weniger von Bedeutung.

Nitrat, Chlorid und Mantelverordnung

Während also die Nitratbelastung des Grundwassers vor allem in ländlichen Gebieten unvermindert anhält, sollen über die Mantelverordnung die Schadstoffausträge aus Recyclingbaustoffen und Verfüllungen eingegrenzt werden. Der Einsatz mancher Recyclingbaustoffe und so manche Verfüllung wären dann wegen z.T. wesentlich weniger umweltrelevanter Stoffe als Nitrat nicht mehr zulässig. Die Verwertungsquote von Bauabfällen, die zurzeit bei ca. 90 % liegt, ist erheblich gefährdet.

Dem wurde aber mit dem Entwurf zum KrW-/AbfG schon Rechnung getragen. Die einstmals avisierte hohe Recyclingquote wurde reduziert auf 70 % und gilt bei vielen alles andere als ambitioniert. Läuft es hier wie bei der Diskussion um die Frauenquote in gehobenen Positionen? Die eine Ministerin fordert eine feste Quote, die andere eine Flexiquote – oder meinte sie Sexyquote …?

Von Abfall zu Produkt

Auch für Kunststoffagglomerate sollten Kriterien entwickelt werden, wann diese die Abfalleigenschaft verlieren und als Produkt frei vermarktet werden können, so die aktuelle Forderung. Ob der Produktstatus immer wünschenswert ist, erscheint allerdings angesichts der hohen bürokratischen Hürden, auf die z.B. die Metallrecycler nun stoßen, durchaus fraglich. Und die Registrierungspflicht von REACH müsse beachtet werden. War das europäische Chemikalienrecht eigentlich dafür gedacht, die über 35.000 unbekannten chemischen Substanzen zu erfassen und zu bewerten, so müssen nun herkömmliche Stoffe registriert werden, sollen sie als Produkt vermarktet werden. Manch ein Recycler bleibt da lieber im Abfallrechtsregime.

Kosten für die Entsorgung von Löschwasser

Abschließend wollen wir ein Urteil des OVG NRW aufgreifen. Danach gilt derjenige, bei dem ein Brand ausbricht und hierdurch bedingt kontaminiertes Löschwasser anfällt, als Abfallerzeuger und muss für die Entsorgung des Löschwassers geradestehen. Auch dann, wenn er gar nichts getan hat. Die Einschätzung resultiere aus dem vom EuGH geprägten Begriff des „Beitrags des Betreffenden“. Wer also Abfälle – oder andere Stoffe – lagert, ist im Brandfalle für die Folgeschäden – und damit auch für die Entsorgung des Löschwassers – verantwortlich.

 
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©  2003-2011  Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit.
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2011-12-15
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