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Rechtsanwältin   Dr. Birgit Stede


Newsletter Februar 2012

Vermittlungsausschuß und das neue KrW-/AbfG
Heizwertklausel und Gleichrangigkeit
Neuer Entwurf zur Mantelverordnung
WEEE-Richtlinie
Maßband für die Entscheidung, ob eine Rücknahmepflicht besteht
Verkehrssicherheit: Müllfahrzeug ist nicht gleich Müllfahrzeug
Grüne Wirtschaft – Recyclingwirtschaft
Kunststofftüten, …
… Effizienz von Hol- und Bringsystemen …
… und neue Definitionen für Verpackungen
Recycling und Bürokratieaufwand

Vermittlungsausschuß und das neue KrW-/AbfG

Vorher, nämlich genau am 8. Februar – tagte erst einmal der Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat. Und der hat einen Kompromiss zu der alten Streitfrage, wer was entsorgen darf, gefunden. War es vor diesem Tag nicht ganz klar, wie die Formulierung ausfallen sollte – Gleichwertigkeit oder wesentlich gleichwertiger oder wie auch immer – das Aus unserer Erde wird die neue Gesetzesfassung nicht bedeuten. Wohl aber einige Rechtsstreitigkeiten vor dem EuGH, da sich die Privatwirtschaft angesichts der gefundenen Formulierung bei der Entsorgung zu stark eingeschränkt sieht. Dies haben jedenfalls einige Verbände schon in Aussicht gestellt.

Die neue Gesetzesfassung zu den Überlassungspflichten

Denn mittlerweile wissen wir, wann Überlassungspflichten bestehen sollen und wann nicht. Das Gesetz ist verabschiedet und auch schon im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden, basierend auf der Kompromissformulierung, die der Vermittlungsausschuss in der Sitzung vom 8. Februar 2012 erzielt hat.

Geschaffen werde ein fairer Ausgleich zwischen den Interessen der kommunalen und privaten Entsorgungswirtschaft, so das Lob unseres Bundesumweltministers. Ganz anders jedoch sehen das so manche Verbände. Viele Vertreter der privaten Entsorgungswirtschaft – und im Übrigen auch die Vertreter der kommunalen Spitezenverbände - hatten sich mit der im Bundestag gefundenen Formulierung noch arrangieren können. Danach sollten die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gewerbliche Sammlungen dann nicht untersagen können, wenn die Firmen eine höherwertige Sammlung von Rohstoffen anbieten können als die Kommunen. Die nun gesetzlich vorgesehene Zuweisung von Wertstoffen aus Haushaltungen wird hingegen als klare Ausgrenzung von privat angebotenen Entsorgungsleistungen gewertet.

Denn der vom Vermittlungsausschuss vorgeschlagene Kompromiss, der nun auch ins Gesetz aufgenommen wurde, sieht bei den Überlassungspflichten für Abfälle die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Entsorger (nur) dann nicht beeinträchtigt, wenn der gewerbliche Sammler wesentlich leistungsfähiger ist als die kommunale Entsorgung. Nur im diesem Falle sollen Entsorgungsleistungen von Privatunternehmen nicht ausgeschlossen – nicht untersagt - werden können. Was aber ist „wesentlich leistungsfähiger“?

Und genau darum kündigten manche Verbände unmittelbar nach Bekanntwerden der Formulierung eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission an. Die Wettbewerbsfreiheit und die Warenverkehrsfreiheit würden zu stark beschränkt. Zudem wird befürchtet, mit der Formulierung „wesentlich leistungsfähiger“ werde gesetzlich ein Innovationshemmnis manifestiert. Denn eine Kommune könne gewerbliche Sammlungen sogar dann untersagen, wenn sie selbst kein hochwertiges Erfassungssystems anbietet.

Heizwertklausel und Gleichrangigkeit

Eine Frage stand jedoch in der Sitzung vom 8. Februar überhaupt nicht mehr zur Diskussion: Während in allen öffentlichen Verlautbaren die Weiterentwicklung des „international hoch geachtete Recyclingstandorts Deutschland“ gewünscht und gefordert wird, nicht zuletzt, um in dem rohstoffarmen Lande hochwertige Sekundärrohstoffe zu gewinnen, wird befürchtet, dass durch das neue KrW-/AbfG die Mengen der echten stofflichen Verwertung weiter zurückgehen. Zwar lobt auch hier unser Umweltminister die Gesetzesfassung: „Der effiziente Umgang mit immer knapper werdenden Ressourcen ist eine Schlüsselkompetenz im globalen Wettbewerb der Volkswirtschaften. Das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz schlägt ein neues Kapitel in der deutschen Abfallwirtschaft auf - mit höchsten Anforderungen an das Recycling und einer intelligenten Wiederverwertung wertvoller Rohstoffe.“

Durch die prinzipielle Gleichstellung der thermischen Verwertung mit der stofflichen Verwertung, wenn die Abfälle einen Mindestheizwert von 11.000 kJ/kg aufweisen, wird jedoch nicht nur die von Brüssel vorgegebenen fünfstufigen Abfallhierarchie aufgeweicht. Vielmehr werde die Müllverbrennung dem Recycling quasi gleichgestellt. Das ist kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt für das Recycling, so die Kritik. Die angekündigte Beschwerde bei der Kommission wird sich daher voraussichtlich auch gegen diese Gleichstellungsklausel richten.

Neuer Entwurf zur Mantelverordnung

Noch in diesem Frühjahr soll zudem ein neuer Entwurf zur Mantelverordnung vorgelegt werden. Der wird also auch noch nicht den Weltuntergang bedeuten. Selbst dann, wenn infolge dieser geplanten Verordnung für Unmengen an mineralischen Abfällen plötzlich keine Verwertungs- und letztlich auch keine Beseitigungswege mehr offen stehen. Rohstoffeffizienzprogramm des Bundesumweltministeriums hin oder her: Das Recycling wird gegenwärtig nicht gerade gestärkt. Eher umgekehrt! Ein einheitliches, schlüssiges und über alle Entsorgungsbereiche abgestimmtes Konzept solle erarbeitet werden, so die Forderung. Möge dieses Begehren erhört werden.

WEEE-Richtlinie

Das Europäische Parlament hat kürzlich Änderungen der Altgeräterichtlinie – der WEEE-Richtlinie – beschlossen. Einerseits werden die hierin vorgegebenen gestaffelten Sammelziele von E-Schrott als zu wenig ambitioniert bewertet. Andererseits wird manche Neuerung als Fortschritt gesehen. So soll vor allem über die Beweislastumkehr, nach der Exporteure künftig nachweisen müssen, bei den von ihnen geplanten Lieferungen handele es sich nicht um Abfall, der illegale Export von Altgeräten eingedämmt werden. Das verhindert zwar nicht das eventuelle Aus, doch angesichts dessen, dass vor allem in afrikanischen Ländern wie Ghana aufgrund des Schrottexports Zustände herrschen, die einer Apokalypse gleichkommen, bleibt nur zu hoffen, dass dieses Ziel auch wirklich erreicht wird.

Tatsächlich sind nicht nur die Recycler sehr daran interessiert, diesen Exporten verschärft zu begegnen. Denn über das Recycling sollen Sekundärrohstoffe gewonnen werden, vor allem bestimmte Metalle und seltene Erden. Dass wir die auch künftig brauchen, steht außer Zweifel. Aufgrund des weiter florierenden Absatzes von Neugeräten wird bis 2025 mit einer Verdopplung des E-Schrottaufkommens gerechnet. Und die Langlebigkeit von Produkten steht den gewünschten Umsatzzahlen der Herstellerfirmen ohnehin diametral entgegen.

Maßband für die Entscheidung, ob eine Rücknahmepflicht besteht

Die mit der Richtlinie beschlossene erweiterte Rücknahmepflicht des Handels für Kleinelektrogeräte stößt wegen der Einschränkungen ebenfalls auf Kritik. Für Geräte bis 25 cm soll die Rücknahmepflicht bestehen – und das auch nur in größeren Geschäften. Kleine Läden mit einer Verkaufsfläche von < 400 qm sind von der Rücknahmepflicht gänzlich befreit. Es darf also gemessen werden! Ob das Ganze praktikabel ist und tatsächlich eine verbrauchernahe Erfassung sicherstellt, nun, das steht auf einem anderen Blatt.

Verkehrssicherheit: Müllfahrzeug ist nicht gleich Müllfahrzeug

Die Schrottwirtschaft ist enorm wichtig für die Recyclingwirtschaft. Dies wird immer wieder betont. Dass aber ein Müllfahrzeug, mit dem von einem Privatunternehmen Schrott eingesammelt wird, nicht einem kommunal betriebenen Müllfahrzeug gleichzustellen ist, haben Richter des OVG Niedersachsen mit einem aktuellen Urteil von Dezember 2011 betont. Egal, ob es der Verkehrssicherheit zuträglicher wäre: Sammelfahrzeuge von Privaten dürfen keine Blinklichter tragen. Solche Blinklichter seien allein den Fahrzeugen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vorbehalten. Denn – so die Begründung in Anlehnung an das Altpapierurteil des Bundesverwaltungsgerichts – nur deren Entsorgungstätigkeit dürfe in dauerhaften Strukturen auf ein ganzes Entsorgungsgebiet ausgerichtet sein.

Da freuen wir doch über eine Entscheidung des VG Osnabrück: Danach darf ein Landwirt immerhin Zwiebeln an seine Schweine verfüttern. Doch auch das musste ersteinmal klargestellt werden.

Grüne Wirtschaft – Recyclingwirtschaft

Die Formulierungen werden immer wohlgefälliger: Wir lesen von „Grüner Wirtschaft“, „Recyclingwirtschaft“, „Ressourceneffizienz“. Tatsächlich konnten wir kürzlich der Fachpresse entnehmen, dass die EU-Mitgliedstaaten den Fahrplan der Kommission für mehr Ressourceneffizienz begrüßen. Es bestehe eine Vision der Kommission, bis 2050 ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu erreichen. Danach sollen z.B. alle Ressoucen nachhaltig bewirtschaftet werden, es solle mehr vermieden und verwertet werden und umweltschädliche oder –kritische Rohstoffe sollen ersetzt werden. Bis 2050. Wenn da mal nicht die Apokalypse gerade ihren 38. Geburtstag feiert. Und bis dahin weisen nicht nur die wunderbaren Energiesparlampen, sondern auch z.B. Flachbildschirme einen Quecksilbergehalt auf, den es in den Griff zu bekommen gilt.

Kunststofftüten, …

Wellen schlagen zurzeit auch die Diskussionen, ob die gute alte Plastiktüte nun endlich verboten werden soll. Grassierte schon vor über 30 Jahren der Slogan „Jute statt Plastik“, so wurde dieser damals von vielen als Ökospleen verpönt. Nun wird höchstoffiziell das Verbot von der EU-Kommission geprüft, und zwischenzeitlich durften Bürger, Verbände und Wirtschaft im Rahmen einer Onlinebefragung ihre Meinung dazu äußern. Wie fast zu erwarten war, haben viele Bürger die Gelegenheit genutzt und ihr gutes Umweltbewußtsein bewiesen. Viele meinen, es geht auch ohne.

… Effizienz von Hol- und Bringsystemen …

Ein renommiertes Institut hat kürzlich eine Studie über die Effizienz von Hol- und Bringsystemen mit seinen jeweiligen Vor- und Nachteilen erstellt und dabei vier Varianten zugrundegelegt. Danach stoße vor allem die Wertstofftonne auf große Vorbehalte. Haben sich die Bürger an die Getrenntsammelei nicht nur gewöhnt, sondern sie regelrecht lieb gewonnen, da sie das gute ökologische Gewissen stärkt, wobei selbst der Weg zum Wertstoffhof zu einem sozialen Akt geworden ist. Die Aufhebung dieser Praxis würde dies alles wieder vollkommen zunichtemachen. Da ist noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten, wenn andere ökonomisch und ökologisch sinnvolle Erfassungssysteme z.B. in Großstädten etabliert werden sollen.

… und neue Definitionen für Verpackungen

Und weitere Detailfragen sollten noch dringend vor dem Untergang geklärt werden. So etwa, ob Trägerpapier für Selbstklebeetiketten oder aber Hülsen zum Aufwickeln flexibler Materialien künftig unter die Verpackungsrichtlinie der EU fallen oder nicht.

Recycling und Bürokratieaufwand

Zum guten Schluss wollen wir einen Recyclingverband zitierten, der einen beklagenswerten Zustand konstatiert: Anstatt tatsächlich das Recycling zu fördern, werde über immer neue Regelungen das Arbeiten in den Betrieben unnötig schwer gemacht. Dieser Feststellung können wir uns nur anschließen.

Ähnlich wie bei der Abfallende-Diskussion würde man aber wahrscheinlich und am liebsten selbst das Erdenende ordnungsgemäß und bürokratisch abwickeln und dann abheften.

 
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©  2003-2012  Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit.
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2012-03-15
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