Rechtsanwältin Dr. Birgit Stede |
Diskussionen um das KrwG
Gegen das KrwG – hier insbesondere wegen der weitgehenden Zugriffsmöglichkeiten der Kommunen auf Wertstoffe aus privaten Haushaltungen – wurden bei der Europäischen Kommission Beschwerden eingelegt. Wir hatten berichtet. Mittlerweile liegen weitere fachliche Stellungnahmen vor, aus denen sich ergibt, das Gesetz sei europarechtswidrig, weil es mit dem europäischen Wettbewerbsrecht unvereinbar sei. Daher dürften die deutschen Gerichte nach der Rechtsprechung des EuGH die entsprechenden Regelungen gar nicht anwenden. Daneben verstoße das Gesetz unmittelbar gegen verfassungsmäßige Grundsätze, so gegen die Freiheit der Berufsausübung und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Ob der Gesetzgeber das Gesetz zügig novelliert oder ob zuvor langatmige Klageverfahren erforderlich sind, nun, wie wir unsere Legislative so kennen, ist zu befürchten, dass es wohl auf die 2. Alternative hinauslaufen wird.
EU-Pläne zum Schiffsrecycling
Die allseits umstrittene Gesetzesfassung war infolge des ablehnenden Votums des Bundesrates gegen einen Kompromiss zustande gekommen, den die private Entsorgungswirtschaft sogar mitgetragen hätte. Umgekehrt äußert sich der Bundesrat laut einer Pressenotiz aber skeptisch gegenüber Plänen der EU-Kommission, das von der internationalen Schifffahrtsorganisation IMO angenommene Übereinkommen über das sichere und umweltverträgliche Recycling von Schiffen bereits vor dessen Ratifizierung umzusetzen. Und sei es nur, um ein Zeichen zu setzen, die mehr als skandalösen Zustände des Schiffsrecyclings z.B. in Indien und Pakistan nicht mehr mittragen zu wollen. Doch die vorzeitige Umsetzung könne zu Wettbewerbsverzerrungen führen, so die Ländervertretung. Eine Argumentation ganz nach dem Motto „Wie es Euch gefällt“?
CCS, Fracking und VAUwS
CO2 – verpresst in Speichern unter die Erde. Natürlich zur Vermeidung der weiteren Klimaerwärmung. Atommüll – ab unter die Erde. Fast sagenhaft: Aus den Augen, und die Gefahr ist gebannt? Ob und wie das Ganze irgendwann einmal wieder zutage tritt – sei es aufgrund kleiner Erdbeben, die beispielsweise aufgrund des Frackings zur Gewinnung von Tiefenerdgas entstehen können, sei es aufgrund natürlicher Verschiebungen – nun, das interessiert aktuell offanbar nicht. Beim unkontrollierten Wiederaustritt von CO2 besteht Lebensgefahr – insoweit erinnern wir uns an die Katastrophe am Nyos-See in Kamerun, wo auf einen Schlag 1,6 Millionen Tonnen CO2 ausgetreten sind, infolge dessen ca. 1.700 Menschen starben und tausende von Tieren verendeten. Aber nach dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz sollen ja nur 1,3 Millionen Tonnen jährlich in einem Speicher verpresst werden. Interessant in diesem Zusammenhang bleibt, dass selbst ökologisch orientierte Institute das Verpressen von CO2 als relativ beste Lösung für manche Branchen empfehlen.
Und das Fracking ist auch nicht gerade ohne. Neben den Erderschütterungen werden Lagerstättenwasser mit Fracfluid zum sogenannten Flowback vermischt, was nichts anderes ist als ein zum Teil giftiges Flüssigkeitsgemisch, das wiederum verpresst wird.
Wenn also schon zum Teil giftige Flüssigkeitsgemische in Unmengen verpresst werden, muss man natürlich an anderer Stelle höchst wachsam sein. So wird aktuell der Erlass der VAUwS, also die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, forciert. Nach dem aktuellen Entwurfsstand sollen feste Gemische grundsätzlich als wassergefährdend eingestuft werden, was für die Abfallwirtschaft bedeuten würde, dass selbst Lagerflächen für nicht verunreinigte Metalle, Bauschutt, Boden oder Altholz wasserundurchlässig befestigt und überdacht werden müssten. Den Betrieben drohen unermeßliche Zusatzkosten. Dann können sicher viele schließen. Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit dieser Anforderungen sind hingegen in keiner Weise nachvollziehbar. Wie wär’s, wenn man die Natur gleich vor sich selbst schützt und alle Wälder zubetoniert?
R1-Formel
Über die R1-Formel soll definiert werden, wann Abfall, der verbrannt wird, thermisch verwertet und wann beseitigt wird. Beachtenswert befanden wir in diesem Zusammenhang die Pressemitteilung, in „vergleichsweise einfachen Worten erklären die Vollzugshinweise unter anderem den Anwendungsbereich der R1-Formel…“ Das ist tatsächlich unüblich. Seit wann wird etwas in einfachen Worten erklärt?
Recyclingkonzept für Gipsabfälle
Seitdem die Verwertung von Gips auf Kalihalden verboten ist, bestehen kaum noch Verwertungsmöglichkeiten für diese Abfallstoffe. Zwischenzeitlich hat die Gipsindustrie ein Konzept zur hochwertigen Verwertung und Verwendung von Recyclinggips entwickelt, das von der LAGA grundsätzlich begrüßt wird. Aber eben nur grundsätzlich. Denn die Gipsindustrie verweist darauf, der Recyclinggips könne in Gipswerken nur dann eingesetzt werden, wenn er nicht mehr als Abfall eingestuft werde, was die LAGA widerum so nicht akzeptieren möchte. So behindert zunächst die immer wieder aufgeworfene Frage „Abfall oder Nicht-Abfall“, also letztlich die Diskussion über einen Rechtsbegriff, die von allen Seiten grundsätzlich als sinnvoll erachtete Verwendung dieser Materialien.
Abfallende-Diskussionen
Die Abfallende-Diskussionen gehen in die nächste Runde, hier nun für Kupferschrott, Altglas und Altpapier. Doch ähnlich wie bei den bisherigen Qualifizierungen des Abfallendes für Metalle stoßen die vorgesehenen Regelungen – insbesondere im Hinblick auf den zulässigen Störstoffanteil – auf Kritik. Wieder Regelungen, die viele Mehr-oder-Weniger-Fachleute beschäftigt haben und die in der Praxis letztlich nicht greifen werden, weil sie nicht umsetzbar sind?
Falsch deklarierte Abfälle und Sicherstellungsbereich
Abfälle, bei denen der Verdacht besteht, dass sie falsch deklariert wurden, sind, soweit sie nicht unmittelbar zurückgewiesen werden, zunächst in einen Sicherstellungsbereich zu übernehmen, um weitere Untersuchungen vor der endgültigen Annahme vorzunehmen. So steht es auch in vielen Genehmigungen. Nach aktuellen Meldungen ist aber genau mit dieser Vorgehensweise eine Firma in NRW ins Rampenlicht der Presse gerückt. Und weil die Presse da war, wurden auch gleich die Strafbehörden umfassend eingeschaltet.
Dass die im vorliegenden Fall PCB-haltigen Abfälle vormals in einer Schule bzw. in einem Krankenhaus verbaut waren, nun, das scheint weiter keinen zu stören. Gelangen aber diese Stoffe, nun als Abfall qualifiziert, in eine Entsorgungsanlage – und sei es in den eigens hierfür vorgesehenen Sicherstellungsbereich – ist natürlich höchste Alarmstufe gegeben.
Bürokratie in der Abfallwirtschaft
Die Bürokratie in der Abfallwirtschaft wächst und wächst. Als habe man sonst nichts zu tun. Dass kleine und auch mittelständische Firmen mit den formalen Anforderungen vollkommen überfordert sind, wird immer wieder vorgetragen.
Welch ein Ballast könnte schlicht und einfach weggeworfen werden, sodass die Firmen, die korrekt arbeiten wollen, ihrer Arbeit auch wirklich nachkommen könnten. Aber das, was zählt, sind die Dokumentationen. Übrigens gilt dies nicht nur für unseren Bereich der Abfallwirtschaft.
Würde der Gesetzgeber doch nur den Spruch von Kurt Tucholsky befolgen, der da lautet: „Die Basis einer gesunden Ordnung ist ein großer Papierkorb.“
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