Rechtsanwältin Dr. Birgit Stede |
Wie schon vor einigen Jahren aus Belgien, so erreicht uns nun eine Meldung aus einem französischen Dorfe. Dort erhält jeder, der will, von der Gemeinde zwei Legehennen, die nicht nur Eier legen, sondern auch den Biomüll auffuttern sollen. Nur als Suppenhuhn sollen die Tiere nicht verkocht werden. Eine schöne Idee! Doch wäre sie bei uns kaum denkbar: Den Hühnern würde wohl postwendend ein Bußgeldbescheid zuflattern – wegen Nicht-Beachtung von Überlassungspflichten.
Überlassungspflichten und alte Kamellen
Nur wenige Monate nach Inkrafttreten des KrWG sprechen die einen – die kommunalen Verbandsvertreter – schon von „alten Debatten“, die nicht neu aufgerollt werden sollten. Gemeint ist die Wettbewerbsverzerrung, die mit der prinzipiellen Zuweisung des Hausmülls zu den Kommunen von den privaten Entsorgern beklagt wird. Diese Abgeklärtheit angesichts mehrere Beschwerden bei der Europäischen Kommission, über die noch nicht entschieden wurde.
So mancher Schrottsammler fürchtet derweil um seine Existenz, da der Ausschuss für Abfallrecht der LAGA nun nochmals hervorgehoben hat, dass auch Bringsysteme unter den Begriff „gewerbliche Sammlung“ fallen. Das heißt nichts anderes, als dass bestehenden Betrieben zur Sammlung, Lagerung und Sortierung von Schrott die Annahme von Altmetallen, die in Privathaushalten anfallen, untersagt werden kann.
Mancher Politiker geht geradezu selbstverständlichst davon aus, dass das Einsammeln und Verwerten von Abfällen Recht und Pflicht der Kommunen sei. Ganz egal, ob die hierfür erforderliche Infrastruktur besteht und ganz egal, ob die tatsächlich noch bestehende Infrastruktur vor allem von kleinen und mittelständischen Unternehmen aufgebaut wurde.
Dialog über das Wertstoffgesetz
Angesichts dieser grundlegend Differenz erscheint die Aussage unseres rhethorisch so begabten Umweltministers zum erhofften Kompromiss zum künftigen Wertstoffgesetz etwas merkwürdig: „Das wird eine muntere Debatte werden“, so das Zitat in der Fachpresse. Was ist daran munter?
Die einen warnen vor einem übereilten Erlass, die anderen fordern die zügige Umsetzung. Dabei werten wir weniger die Interessen der Systembetreiber der dualen Systeme. Die wollen selbstverständlich ihre Marktposition wahren.
Altkleidersammlung und Sondernutzungsgebühr
Neben der Geltendmachung von Überlassungspflichten – Warum gehört eigentlich eine ausgediente Bratpfanne dem öffentlich-rechtlichen Entsorger? – haben die Kommunen ihr Interesse an Altkleidern entdeckt. Hiergegen verwahrt sich sogar das Rote Kreuz. Viele Kommunen verweisen zudem auf das ungenehmigte Aufstellen von Sammelcontainern. Dafür müssten jedenfalls Sondernutzungsgebühren erhoben werden!
Wir erinnern uns an eine Pressenotiz, wonach – angesichts der wachsenden Armut vieler Rentner – ähnlich wie bei Pfandflaschen auch für Zigarettenstummel ein Pfand erhoben werden sollte. Die Rentner könnten ja die Stummel einsammeln und sich so ein bißchen dazuverdienen. Aber was ist, wenn – wie in einer unserer Landeshauptstädte – öffentliche Abfallbehälter mit einem Verdichtungsmechanismus ausgestattet werden, damit der Abfuhrrhythmus verlängert werden kann? Pech für die armen Rentner!
Bündnis für Kreislaufwirtschaft Bau
In Rheinland-Pfalz ist das angekündigte Bündnis für „Kreislaufwirtschaft Bau“ beschlossen worden, an dem sich die einschlägigen Ministerien, Verbände und Institutionen beteiligen. Über dieses Bündnis soll vor allem die Akzeptanz des Einsatzes von Recyclingbaustoffen gefördert werden. Möge der Bund mit der geplanten Mantelverordnung doch ähnliche Anreize schaffen und keine überflüssigen Erschwernisse, so, wie sie im aktuellen Entwurf vorgesehen sind!
Mantelverordnung und Verfüllung von Gruben
Apropos Mantelverordnung: Sollte der Bund weiterhin darauf bestehen, dass das Sickerwasser aus Verfüllmaterial an der Grubensohle z.T. wesentlich bessere Werte einhalten muss als Trinkwasser, und müssten diese Böden dann deponiert werden, haben wir kurzzeitig den Entsorgungsnotstand. Denn Ende 2010 wurde das bundesweit ermittelte Restdeponievolumen auf ca. 518 Millionen m3 geschätzt. Allein mit den jährlich anfallenden Böden wäre dieses Volumen in kurzer Zeit erschöpft.
Schlick aus Hamburger Hafen …
Ganz anders der Umgang mit Schlick aus dem Hamburger Hafen. Immerhin 4 bis 5 Millionen Tonnen / Jahr. Der wurde, soweit nicht besonders stark belastet, einfach vor Helgoland verklappt. Der diesbezügliche Vertrag mit dem Land Schleswig-Holstein ist allerdings ausgelaufen, weshalb nun wieder verhandelt wird.
… und Munitionsabfalle in Nord- und Ostsee
Die werden auf immerhin 1,6 Millionen Tonnen geschätzt. Dennoch hat man dieses Problem noch nicht wirklich angepackt. Technische Möglichkeiten stehen zwar zur Verfügung. Es komme aber darauf an, umweltgerechte und kostengünstige Verfahren zur Beseitigung zu entwickeln. Unterdessen rostet die Altmunition – und die Urlauber werden gewarnt, Bernstein zu sammeln. Denn der ist von den Phosphorteilen, die aus dieser Munition stammen und die zu starken Brandverletzungen führen können, kaum unterscheidbar.
Laub aus der Straßenreinigung
Während wir diesen Infobrief vorbereiten, schreiben wir Herbst. Herbst 2012. Und da ist uns die Meldung eines Landesumweltamtes – konkret des bayerischen Landesamtes für Umwelt – durchaus einmal sympathisch. Laub, das im Rahmen der Straßenreinigung anfällt und gereinigt wird, kann durchaus dem Abfallschlüssel 20 02 01 (Garten- und Parkabfälle) zugeordnet werden. Auch wenn das Material aufgrund der Behandlung eigentlich einem 19er Schlüssel zuzuordnen wäre. Es gibt noch ein Einsehen!
Biosprit aus Abfall
Im Zuge der Energiewende wird eines nicht verfolgt: Wie kann man wirklich Energie sparen. Halt stop: Da gibt es doch Energiesparlampen. Aber in denen ist nun einmal Quecksilber enthalten. Und es sind seltene Erden verarbeitet, die in anderen Herren Länder unter miserablen Bedingungen gewonnen werden. Und die nun aus den verbrauchten Birnen wieder zurückgewonnen werden sollen. Ansonsten?
Biosprit! Klingt prima. Aber selbst von ganz offizieller Seite, der EU-Kommission, wurde bemerkt, dass das, was sich bio nennt, gar nicht so bio ist. Flächenzerstörung. Nutzung landwirtschaftlicher Flächen für Energiepflanzen. Der Anbau z.B. von Mais zum Zwecke der Energiegewinnung hat das Seinige dazu beigetragen, dass die Preise für Grundnahrungsmittel in eine Höhe getrieben wurden, die für viele Weltbewohner nicht mehr erschwinglich sind.
Daher ist nach der neuen Zielsetzung der Europäischen Kommission – neben z.B. Stroh und Algen – nun Abfall gefragt.
Lebensmittelabfälle
Kommen wir zurück auf unsere Hühner. Diese vernichten Abfälle. Produzieren aber immerhin neue Lebensmittel, nämlich Eier. Gleichzeitig kursiert das Thema „Vergeudung von Lebensmitteln“ zurzeit in allen Instanzen. So gibt es tatsächlich ein fraktionsübergreifendes Bündnis gegen Lebensmittel im Abfall. Angeschuldigt wird zunächst wieder einmal der Bürger, der durch sein Konsumverhälten durchschnittlich ca. 53 Kilo Lebensmittel / Jahr wegwirft, was hochgerechnet einen Wert von 21,6 Milliarden Euro ausmache. In Österreich ist es nicht besser: Dort werden soviel Nahrungsmittel weggeworfen, dass sich ca. ½ Millionen Menschen hiervon ernähren könnten. Und der EU-Umweltkommissar schätzt, dass unter Einbeziehung der Verluste in der Landwirtschaft, der verarbeitenden Produktion und des Handels ca. 180 kg pro Einwohner pro Jahr an Speiseresten anfallen.
Ganz nebenbei erfährt man, dass der Verbraucher lernen müsse, zwischen Mindesthaltbarkeits- und Verbrauchsdatum zu unterscheiden. Dass aber die Mindesthaltbarkeitsdaten immer weiter verkürzt werden, damit der Verbraucher seine Vorräte im Zweifel wegschmeisst, liegt nun einmal im Interesse der Lebensmittelindustrie.
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