Rechtsanwältin Dr. Birgit Stede |
Kreislaufwirtschaftspaket der Kommission
Intensiv diskutiert wurde im letzten Jahr das Kreislaufwirtschaftspaket der EU-Kommission. Europaweit sollte bis 2030 eine Recyclingquote für Siedlungsabfälle von 70 % festgelegt werden, was von den einschlägigen Verbänden selbstredend begrüßt wurde. 500 Mio. Tonnen Wertstoffe könnten so gewonnen werden. Allerdings gab es auch Kritik, z.B. hinsichtlich der erweiterten Dokumentationspflichten auch für ungefährliche Abfälle.
Das Programm wurde von der neuen Kommission nun wieder gestrichen. Eine Einigung unter den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament sei nicht absehbar. Klar, die Mitgliedstaaten haben ihre eigenen national-wirtschaftlichen Interessen. Und in die Entsorgungsstruktur will man sich auch nicht unbedingt reinreden lassen. Das stößt offenbar auf Verständnis, auch bei der europäischen Kommission. Ein neues Programm soll nun bis Jahresende erarbeitet werden.
Nochmals: Veröffentlichung von Überwachungsberichten
Kürzlich hatten wir von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Arnsberg zur Veröffentlichung von Umweltinspektionsberichten von IED-Anlagen berichtet. Danach durfte in den Veröffentlichungen nicht von „erheblichem Mangel“ gesprochen werden. Welcher Mangel als erheblich gilt, sei eine rein individuelle Wertung. Eine solche Wertung könne jedoch der Reputation eines Unternehmens schaden und verstoße daher gegen Grundrechte.
Aber zu früh gefreut. Das Oberverwaltungsgericht NRW hat die Entscheidung gekippt und festgestellt, dass mit dem Bericht nicht nur alle Mängel benannt werden müssen, die zum Zeitpunkt der Vor-Ort-Inspektion festgestellt wurden, sondern es sei darüber hinaus eine Bewertung vorzunehmen, ob es sich um geringfügige, erhebliche oder schwerwiegende Mängel handele. Hierüber solle die Öffentlichkeit für Fragen des Umweltschutzes und der Betreiber zur Einhaltung der genehmigungsrechtlichen Auflagen sensibilisiert werden. Daher seien auch Eingriffe in Grundrechte legitimiert; der Betreiber müsse ggf. wirtschaftliche Nachteile in Kauf nehmen.
Klingt ganz im Sinne des Gesetzes? Ist aber vollkommen praxisfremd. Denn was die eine Überwachungsbehörde als Mangel, möglicherweise sogar als erheblichen Mangel, bewertet, ist für die andere Behörde – bei vergleichbaren betrieblichen Verhältnissen – überhaupt kein Problem. Zuweilen treffen sogar Vertreter ein und derselben Behörde abweichende Einschätzungen. Was bei dem Einen somit als vollkommen legitim und genehmigungskonform bewertet wird, kann bei dem anderen – in aller Öffentlichkeit und mit allen negativen Konsequenzen – als Mangel gebrandmarkt werden.
Einstufung weiterer Entsorgungsanlagen als IED-Anlagen
Dabei war die Bundesregierung drauf und dran, weitere Entsorgungsanlagen zu IED-Anlagen deklarieren zu wollen. So etwa Anlagen zur sonstigen Behandlung von gefährlichen Abfällen ab einer Kapazität von 10 t/Tag oder aber bestimmten Anlagen zur Behandlung nicht gefährlicher Abfälle. Mit den bekannten Konsequenzen: Ausgangszustandsbericht, Genehmigungsverfahren grundsätzlich im Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung und eben der Veröffentlichung der Überwachungsberichte. Und dann noch das Oberverwaltungsgericht NRW!
Gegen das Vorhaben sind die einschlägigen Verbände Sturm gelaufen – und es wurde aufgegeben. Zunächst. Wir wollen aber nicht zu früh frohlocken. Wer weiß, was noch kommt? Wenn es sich um Entsorgungsanlagen handelt...? Z.B. durch die Hintertür über die geplante Verordnung zur Umsetzung der europäischen Energieeffizienzrichtlinie.
Bodenschutz und Mantelverordnung
Ein neuer Entwurf der Mantelverordnung wird erwartet. Manch einer meinte zwar, die Verordnung würde sowieso nie kommen. Aber Vorsicht! Das weltweite Jahr 2015 des Bodenschutzes wurde ausgerufen. So wäre es ja noch schöner, wenn die Bundesregierung da nicht auch im Hinblick auf die Entsorgung mineralischer Abfälle aktiv würde. Wenn auch die bisher vorgestellten Anforderungen z.B. an die Verfüllung von Gruben und Brüchen als vollkommen überzogen bewertet werden müssen.
Ein neuer Arbeitsentwurf soll in diesen Tagen vorgelegt werden. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Grundwasserschutz und Fracking
Dagegen wurde ganz kurz vor Weihnachten ein Gesetzesentwurf vorgelegt, wonach Fracking nun doch oberhalb von 3.000 Metern Tiefe zugelassen werden kann. Ganz im Gegensatz zu dem noch im Sommer 2014 von der Bundesregierung vorgelegten Eckpunktepapier. Nun soll es für Probebohrungen und natürlich unter strengsten Auflagen zugelassen werden, unter Beobachtung der Auswirkungen und der Errichtung einer Expertenkommission. Dass bislang nur erhebliche Umweltschäden beobachtet werden konnten, schreckt offenbar weniger ab. Energiepolitik über Alles.
Entsorgung von Salzlauge
Auch dass Thema ‚Entsorgung von Salzlauge‘ kommt nicht wirklich voran: jährlich leitet ein hochdotiertes Unternehmen sechs bis sieben Millionen Kubikmeter Salzlauge durch Verpressung ins Erdreich bzw. direkt in die Werra, die deutlich überhöhte Salzkonzentrationen aufweist. Es galt ein Grenzwert von immerhin 2.500 mg/l für Chlorid. Diskutiert wird eine Pipeline zur Nordsee, die dem Unternehmen allerdings zu teuer ist. Nun wurde ein – stark umstrittener – Maßnahmenplan entwickelt, wonach Weser und Werra bis 2075 wieder Süßwasserqualität haben sollen. Das ist doch mal ein Ziel!
Freiwillige Vereinbarungen
Noch anders geht es z.B. bei der industrialisierten Tierhaltung zu. Die Haltung ist der eine Skandal. Die rechtlichen Grundlagen hierzu der andere. So wird nach der einschlägigen Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung einem ausgewachsenen Schwein von ca. 100 kg ein Käfig mit einer Größe von gerade mal 0,75 m² zugestanden. Der Lärm in den Ställen soll dauerhaft 85 dB nicht überschreiten. Der Lärm, den z.B. eine stark befahrene Hauptverkehrsachse erzeugt. Vergleichbar die vorgegebenen Mindestanforderungen für die Haltung anderer Tiere. Die Bundesregierung baut auf ‚freiwillige Vereinbarungen‘. Aber wieso soll es dem armen Vieh besser gehen als z.B. Textilarbeiterinnen in Bangladesch. Zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Löhne setzt man auch hier auf freiwillige Vereinbarungen.
‚Freiwillige Vereinbarungen‘ beim Betrieb von Entsorgungsanlagen? Ja wo kämen wir denn da hin?
Biotonne
Trotz der Frist 1. Januar 2015 hält eine Vielzahl von Landkreisen die Biotonne nicht vor. Wird aber die Biotonne bereitgestellt, kann sich ein normaler Bürger kaum davon befreien lassen, selbst dann, wenn er Bioabfälle selbst kompostiert. Teilweise wird gefordert, er müsse durch Fotodokumentationen o.ä. seine Kompostierung nachweisen. Doch selbst dann dürfe er nicht alle Bioabfälle dort kompostieren. Wehe also dem engagierten Eigenkompostierer, bei dem der Landkreis pflichtbewusst die Biotonne fristgerecht eingeführt hat.
Miteigentumsanteil an Altpapier
Das Landgericht Hildesheim hat kürzlich den von DSD geltend gemachten Miteigentumsanteil an Altpapier, das von Kommunen oder Vereinen eingesammelt wird, verneint. Der Übereignungswille des Besitzers bestehe nicht gegenüber DSD, sondern gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. dem sammelnden Verein. Eigentlich konsequent auch für DSD. Denn mal wird in den Vergabeverträgen festgelegt, DSD erlange Eigentum an den jeweils gesammelten Fraktionen, mal erlange der Entsorger das Eigentum. So, wie es gerade günstiger erscheint.
Derweil streiten die Dualen Systeme weiter und munter untereinander und gegen die Kommunen – natürlich auch im Hinblick auf das in Aussicht stehende Wertstoffgesetz.
Abschließend wollen wir einen durchaus bedeutenden Tag würdigen: den UN-Welttoilettentag. Der hat angesichts der oftmals katastrophalen sanitären Verhältnisse auf dieser Welt durchaus seinen Sinn. So wünschen wir gutes Gelingen!
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