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Rechtsanwältin   Dr. Birgit Stede


Newsletter Februar 2016

Das Kreislaufwirtschaftspaket der EU-Kommission
Recyclingziele zu wenig ambitioniert?
Recyclingquote für gemischte Fraktionen?
Abfallvermeidung
Lebensmittelabfälle
Ressourceneffizienz und Klimaschutz
Planspiel zur Mantelverordnung
Gewerbliche Sammlung und Personengesellschaften

Das Kreislaufwirtschaftspaket der EU-Kommission

Die Kommission will nun also das Ende der Deponierung von Siedlungsabfällen einläuten. Ab 2030 sollen nur noch maximal 10% deponiert werden. Sieben Staaten soll die Möglichkeit eingeräumt werden, unter bestimmten Voraussetzungen eine Verlängerung zur Einhaltung dieser Deponierungsgrenze bis zu weiteren 5 Jahren zu erhalten. Zudem soll nun die Recyclingquote für Siedlungsabfälle im Jahre 2025 bei 60 Gewichts-% und im Jahre 2030 bei 65 Gewichts-% liegen. In dem ursprünglichen, von der Kommission zurückgenommenen Entwurf eines Kreislaufwirtschaftspakets lag diese Recyclingquote noch bei 70%.

Auch ist vorgesehen, dass getrennt gesammelte Abfälle der Fraktionen Glas, Metall, Kunststoff, Papier und Bioabfälle künftig gar nicht mehr deponiert werden dürfen. Allerdings ist ein generelles Verbot der Deponierung recyclingfähiger Abfälle – auch nach Vorsortierung – nicht aufgenommen worden. Und die verbindliche Forderung zur Getrenntsammlung von Bioabfällen ist auch nicht mehr in dem Paket enthalten.

Recyclingziele zu wenig ambitioniert?

Die Recyclingziele seien zu wenig ambitioniert, so die Kritik vieler Vertreter deutscher Entsorgungs- und Umweltverbände. Man habe doch schon höhere Zielsetzungen vorgeben wollen. Warum nun dahinter zurückfallen? Für die deutsche Recyclingwirtschaft wären höhere und möglichst verbindliche Ziele sicherlich wünschenswert. Aber: Entsprechende Recyclingziele sind für andere Mitgliedstaaten tatsächlich immer noch sehr ambitioniert, nämlich für die Staaten, bei denen sich eine entsprechende Recyclingwirtschaft noch im Aufbau befindet. Aber auch bei uns: Solange in der Umweltstatistik der Input in Vorbehandlungsanlagen – und nicht deren Outputströme – betrachtet werden… Und noch einmal bei uns: Lang genug landeten und landen säuberlich getrennt erfasste und gesammelte Verkaufsverpackungen gemeinsam mit dem Restmüll im Müllofen…

Aber dass über ein europäisches Kreislaufwirtschaftspaket die anderen Staaten tatsächlich zum Recycling verpflichtet werden sollen, ist doch zu verlockend…

Recyclingquote für gemischte Fraktionen?

Eine Recyclingquote für gemischt erfasste Fraktionen an Siedlungsabfällen soll hingegen nicht vorgegeben werden. Auch dies wird als Manko beklagt. Aber mal ehrlich. Will man in Deutschland künftig wirklich alle gemischten Siedlungsabfälle und siedlungsmüllähnlichen Gewerbeabfälle recyceln? Was wäre denn dann mit unseren schönen Verbrennungsanlagen, die auch ihre Existenzberechtigung haben wollen?

Abfallvermeidung

Und was ist mit dem höchsten Gebot, der Abfallvermeidung? Zwar will man die Anforderungen an das Produktdesign verbessern. Doch konkrete Quotenvorgaben an die Vermeidung gibt das Kreislaufwirtschaftspaket nicht vor. Da würde man auch zu stark in das produzierende Gewerbe eingreifen, was wirtschaftspolitisch nun wirklich alles andere als erwünscht ist. Unterdessen steigen die Müllmengen fröhlich weiter an.

Lebensmittelabfälle

Ähnlich wie bei Lebensmittelabfällen. Seit geraumer Zeit wird beklagt: 50 bis 60% der erzeugten Lebensmittel würden letztlich vernichtet. Das Kreislaufwirtschaftspaket enthält jedoch auch hier keine konkreten Zielvorgaben zur Minimierung. Da müsste sich die Kommission wohl mit zu vielen Akteuren herumschlagen. Nicht zuletzt mit denen, die Lebensmittel eben nicht als Abfall einstufen möchten. Sondern die z.B. Hühnerflügel, die hier nicht vermarktet werden können, wie auch immer tiefgefroren nach Afrika exportieren. Dass die dortigen heimischen Märkte über diese Billigimporte – wie z.B. auch über die Exporte von geschundenen Rindern – zerstört werden, ist einkalkuliert.

Ressourceneffizienz und Klimaschutz

Selbstverständlich soll über die Kreislaufwirtschaft nicht nur die Ressourceneffizienz, sondern auch der Klimaschutz gestärkt werden. Da passt es prima, dass vor kurzem der viel gelobte Gipfel von Paris stattgefunden hat. Die Erwärmung des Weltklimas soll – verpflichtend – auf 2 Grad begrenzt werden. Noch schöner wären 1,5 Grad. Ob sich das Weltklima wirklich daran hält?

Neben den Maßnahmen, die die Hauptenergieverbraucher individuell festlegen sollen, sollen den armen Staaten 100 Milliarden Dollar jährlich zufließen. Als Hilfe zur Reduzierung ihrer Treibhausgasemissionen und zur Überwindung der Folgen des Klimawandels. Wird das Geld dann doch wieder für „land-grabbing“, also Landnahme verwendet? Zig Millionen Hektar fruchtbares Land wurden so bereits in Asien, Lateinamerika und vor allem in Afrika an ausländische Investoren veräußert oder verpachtet. Viele dieser Flächen werden für den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen genutzt. Das zerstört zwar die Lebensgrundlagen der dortigen Bevölkerung. Doch man kann sich beruhigt zurücklehnen: Wirtschaftsflüchtlinge genießen ja sowieso kein Asylrecht. Aber vielleicht nutzt es ja dem Weltklima…

Planspiel zur Mantelverordnung

Das lang angekündigte Planspiel zur Mantelverordnung ist gestartet. Die Praxis- und Vollzugstauglichkeit soll geprüft werden; auch sollen die Spielakteure die Verschiebungen der Stoffströme mineralischer Abfälle ermitteln. Die Ergebnisse des Panspiels sollen dann in den Referentenentwurf einfließen.

Nach jahrelanger Diskussion um diese Verordnung dürften aber einige Punkte bereits feststehen. Unabhängig davon, ob man sich an die vielen Listen, wie sie in der ErsatzbaustoffV vorgesehen sind und über die der Einsatz der diversen mineralischen Materialien in den verschiedenen Einbauweisen geregelt werden soll, gewöhnen kann oder nicht, muss die Akzeptanz der öffentlichen Hand für den Einsatz von RC-Baustoffen gestärkt werden. Denn oftmals werden RC-Baustoffe bei öffentlichen Bauvorhaben noch explizit ausgeschlossen. Ferner muss die Forderung aufgegriffen werden, für alle Entsorgungsverfahren einheitliche Probenahme- und Analyseverfahren vorzugeben. Denn regelmäßig entscheidet sich der Entsorgungsweg erst nach Vorlage der Untersuchungsergebnisse.

Und was die Verfüllung betrifft? Nun, Bauschutt dürfte gar nicht mehr verfüllt werden. Und die Schätzungen allein für Boden liegen bei 50 bis 70 Millionen Tonnen jährlich, die nicht mehr verfüllt werden könnten. Ohne Not. Denn die vorgesehenen scharfen Anforderungen sind alles andere als erforderlich. Das belegen andere Regelungen, wie etwa der bayerische Verfüll-Leitfaden. Danach können unter bestimmten Voraussetzungen auch Materialien mit höheren Belastungen verfüllt werden. Eine Grundwasserbeeinträchtigung ist bei den Betrieben, die ordnungsgemäß nach diesem Leitfaden arbeiten, zu keiner Zeit festgestellt worden.

Gewerbliche Sammlung und Personengesellschaften

Zum guten Abschluss wollen wir noch eine positive Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts erwähnen, das eine grundlegende Entscheidung bezüglich gewerblicher Sammlungen getroffen hat. Und damit von manch einer Entscheidung der oberverwaltungsgerichtlichen Vorinstanzen abgewichen ist. Auch Personengesellschaften können Träger einer gewerblichen Sammlung sein. Damit ist klargestellt, dass eine gewerbliche Sammlung nicht schon und allein deshalb untersagt werden kann, weil diese durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts angezeigt wurde.

Unterdessen toben die Streitigkeiten über das künftige Wertstoffgesetz fröhlich weiter.

 
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©  2003-2016  Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit.
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2016-02-20
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