Rechtsanwältin Dr. Birgit Stede |
Bundesverwaltungsgericht zu gewerblichen Sammlungen …
Nach mehr als 4 Jahren hat das BVerwG Position bezogen und damit den teilweise zu hohen Anforderungen an die Zulässigkeit gewerblicher Sammlungen einen Riegel vorgeschoben.
Gefährdung der Funktionsfähigkeit
So muss eine gewerbliche Sammlung tatsächlich die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung gefährden. Andernfalls stelle eine Untersagung eine unzulässige Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit dar. Bei der Frage, was als Gefährdung gilt, hat das BVerwG auf die Sammelmenge abgestellt, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorger durch die Sammlung entzogen wird. Diese liegt – vorbehaltlich der Urteilsgründe, die bei Redaktionsschluss noch nicht vorlagen – bei 10 bis maximal 15 Prozent.
Nachweis der Verwertungswege
Mit Urteil vom gleichen Tag hat das BVerwG zudem klargestellt, dass gewerbliche Sammler – hier ging es um Schrottsammler – nicht den gesamten nachgeschalteten Verwertungsweg darlegen müssen. Es reiche aus, wenn das Entsorgungsunternehmen, dem die gesammelten Schrottfraktionen überlassen werden und das geeignet und annahmebereit ist, namentlich benannt wird. Gerade bei etablierten Verwertungswegen könne – auch im Hinblick auf die schwankenden Marktpreise – von dem Sammler nicht verlangt werden, alle nachgeschalteten Unternehmen zu benennen.
… und Rosinenpickerei
Die Vertreter der Kommunen können es natürlich trotz dieser klarstellenden Worte des obersten deutschen Verwaltungsgerichts nicht lassen, den gewerblichen Sammlern Rosinenpickerei vorzuwerfen. Komisch. Als ob nicht gerade die Sammlung und Verwertung z.B. von Metallschrott durch private Firmen etabliert worden ist. Begründet wird der anhaltende Vorwurf damit, es käme den Gebührenschuldnern zugute, wenn die Sammlung durch die öffentliche Hand erfolge. Nochmals komisch. Denn einem kleinen Privathaushalt, der sorgsam seine Abfälle trennt und bei dem kein Restmüll anfällt, muss trotzdem für die Restmülltonne zahlen, so das Oberlandesgericht Saarlouis. Das entspräche dem Prinzip der Daseinsvorsoge und dem Solidargedanken, dem die Gebührengestaltung zugrunde liege.
Neue abfallrechtliche Vorgaben
Doch auch der Gesetzgeber ist unter Zeitdruck. Denn viele Gesetzes- und Verordnungsvorhaben sollen noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden.
Das KrWG soll wieder novelliert werden. Vor allem soll die Heizwertklausel gestrichen werden. Eine Klausel, über die die thermische Verwertung dem Recycling gleichgestellt wurde, was nicht nur von den Recyclingfirmen, sondern auch von der EU-Kommission stets kritisiert worden war. Immerhin wurde über diese Klausel die vorgegebene Hierarchie – Recycling vor sonstiger stofflicher und thermischer Verwertung – durchbrochen.
Unverzüglich werden Forderungen laut, verbindliche Kriterien auch für die hochwertige energetische Verwertung zu erlassen. Aber halt, da gab es doch schon einschlägige Klarstellungen, nämlich durch den EuGH. Und das bereits im Jahre 2003. Für die Einstufung als Verwertung hatte der EuGH ausgeführt, eine Verwertung setze nach der europäischen Abfallrichtlinie voraus, dass der Hauptzweck der Maßnahme darin liegen müsse, dass die Abfälle für einen sinnvollen Zweck eingesetzt werden. Es müssen andere Materialien ersetzt werden, die sonst für diesen Zweck hätten eingesetzt werden müssen, um dadurch natürliche Rohstoffquellen zu erhalten.
Aber nochmals halt. Das klappt z.B. bei der Zementindustrie, in der Primärenergieträger eingesetzt werden müssten, stünden die Abfälle nicht zur Verfügung. Anders aber bei MVAs, die nun mal den Zweck haben, Abfall zu verbrennen, die aber dennoch als Verwertungsanlagen weiterbetrieben werden sollen. Hier sollten, so die Forderung, Kriterien wie etwa die Energieausbeute eingeführt werden, um von Verwertung sprechen zu können. Und nach neuerem Trend sehen sich die Verbrenner sowieso auch als stoffliche Verwerter, da bei ihnen ja Schlacke anfällt und z.B. Metall wiedergewonnen wird …
Wertstoffgesetz adieu, bonjour Verpackungsgesetz
Das nun schon ewig diskutierte Wertstoffgesetz wurde ad acta gelegt. Eine Einigung zwischen den Akteuren erschien nicht möglich. Stattdessen soll nun schnell noch ein Verpackungsgesetz vorgelegt werden. Von diesem sollen die stoffgleichen Nichtverpackungen dann nicht mehr mit erfasst werden, was die Systembetreiber natürlich nicht freut. Dafür soll angesichts der anhaltenden Streitigkeiten über die lizensierten Mengen eine zentrale Stelle etabliert werden. Was die Systembetreiber natürlich ebenfalls nicht freut …
Die Mantelverordnung
Noch vor diesem Herbst sollte ein Referentenentwurf zur MantelV vorgelegt werden. Wann er tatsächlich kommt, ist offen. Das kann also jederzeit geschehen. Die GFS-Werte (Geringfügigkeitsschwellenwerte), die in der GrundwasserV aufgenommen werden sollen, sollen nun nicht mehr im Rahmen der MantelV geregelt werden. Die Probenahme- und Analyseverfahren sollen jedenfalls für die ErsatzbaustoffV und BundesbodenschutzV harmonisiert werden. Eine Harmonisierung mit der DeponieV wird hingegen nicht in Aussicht gestellt, soll aber noch geprüft werden. Auch soll klargestellt werden, wann Untersuchungen erforderlich sind und wann nicht. Der TOC soll bei der Verfüllung grundsätzlich kein streng limitierender Faktor mehr sein. Ferner sollen u.a. die Begrifflichkeiten in den Verordnungen – so z.B. hinsichtlich der Verantwortlichkeiten – angeglichen werden.
Ob allerdings die bisherigen strikten Anforderungen an die Verfüllung auch weiterhin beibehalten werden sollen, bleibt abzuwarten. Anforderungen, die weder angemessen wären noch dem Gleichheitsgrundsatz entsprächen. Und über die der Entsorgungsnotstand für mineralische Abfälle vorprogrammiert wäre. Und ob noch eine „echte“ Akzeptanzförderung für Recyclingbaustoffe in die Verordnung eingefügt wird, bleibt gleichfalls abzuwarten.
Parallel wird zurzeit die Forderung laut und gleich schon wieder kritisiert, wonach eine Steuer auf Primärbaustoffe erhoben werden sollte. Wäre es da nicht viel einfacher, wenn der vorrangige Einsatz von RC-Baustoff bei Baumaßnahmen der öffentlichen Hand verbindlich vorgegeben würde?
Novelle der GewAbfV
Die Novelle der GewAbfV soll vorangetrieben werden. Gewerbetreibende sollen künftig maximal 10 % ihres Abfalls direkt in die Verbrennung geben dürfen, wenn sie den übrigen Abfall auch tatsächlich getrennt sammeln. Sie sollen gefälligst getrennt sammeln, egal, ob das wirtschaftlich und technisch möglich ist. Und alle Branchen werden über einen Kamm geschoren, egal, ob – branchenbedingt – viel gemischter Müll anfällt oder nicht. Je besser die Gewerbetreibenden diese Anforderungen allerdings umsetzen, umso schwieriger der Betrieb von Sortieranlagen, dem die unsortierten Chargen zu übergeben sind. Denn die sollen immer noch eine Sortierquote von 85 % und künftig eine Recyclingquote von 30 % erzielen, was bei vielen, vor allem vorsortierten Mischungen, schier unmöglich erscheint. Aber die Quote steht!
Auf Kritik stößt auch, dass die nicht vorsortierten Abfälle „unverzüglich“ einer Vorbehandlungsanlage zuzuführen sind. Unabhängig davon, ob überhaupt eine Gefährdung von dem Gemisch ausgeht oder nicht. Optimierte, wirtschaftlich sinnvolle Mengen könnten dann nicht mehr zusammengestellt werden.
Noch so ein unsinniger Zeitfaktor!
[ zurück zum Anfang ] © 2003-2016 Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit. Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2016-09-15 |