Rechtsanwältin Dr. Birgit Stede |
Referentenentwurf zur MantelV
Der Entwurf liegt bei Redaktionsschluss dieses Newsletters zwar noch nicht vor. Dennoch werden die vorgesehenen Änderungen, wie künftig mit mineralischen Abfällen verfahren werden soll, der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt und diskutiert.
Das Recycling z.B. von RC-Baustoffen soll gefördert werden. Hierfür hat der Verordnungsgeber durchaus Argumente der Wirtschaft aufgegriffen. Allerdings sollen z.B. die Analyseverfahren nur zwischen EBS und Bodenschutzrecht angeglichen werden, nicht aber mit der DepV. Eine Verpflichtung der öffentlichen Hand, vorrangig RC-Baustoffen zu verwenden, soll aber nicht eingeführt werden. Förderung der Akzeptanz von RC-Baustoffen?
Wie schon im 3. Arbeitsentwurf bleiben die Anforderungen an die Verfüllung vollkommen unangemessen. Böden, die die Vorsorgewerte der BundesbodenschutzV einhalten, können verfüllt werden. Also Böden, die oftmals sauberer sind als solche, die natürlicherweise vorkommen können. Sollen die doppelten Vorsorgewerte zugrunde gelegt werden, so sind die strikten Eluatwerte einzuhalten. Werte. die teilweise strenger sind als die Werte, die für Trinkwasser vorgegeben sind bzw. für Babynahrung empfohlen werden. Großartig! Verfüllungen werden künftig Trinkwassergewinnungsgebiete! Die Sorptionskraft des Bodens, die auch Verfüllungen mit höheren Zuordnungswerten ermöglicht, soll weiterhin vollkommen unberücksichtigt bleiben.
Das Dumme ist nur, dass Entsorgungssicherheit auf dem Spiel steht. Lange Transportwege, die heute schon beklagt werden, werden weiter zunehmen. Ökologie hin oder her.
HBCD und kein Ende
Die Diskussionen um die Entsorgung von Styropor nehmen kein Ende. Bundesweit ist keine wirkliche Lösung in Sicht. Und das nicht nur für Styropor mit dem berüchtigten Flammschutzmittel. Nein, auch ganz normales Styropor wird oftmals zurückgewiesen, denn es könnte ja HBCD enthalten.
Das eine Bundesland fordert die Verbrenner freundlich auf, diese Abfälle anzunehmen. Die wollen das aber gar nicht, weil sie gut ausgelastet sind, sortenreiner Styropor sowieso technisch problematisch ist und die Entsorgungsverträge mit ausländischen Anlieferern bestehen, die ja auch eingehalten werden wollen. Ein Bundesland erklärt Gemische mit einem Anteil an Styropor von 0,5 m3 / Tonne, wieder ein anderes ein Gemisch mit 5 Volumen-% als ungefährlich an.
Vielleicht ist die allzu gründliche Sortiererei gar nicht immer so vorteilhaft. Jedenfalls konnte der gute alte Baumischabfall, in dem das Styropor hauptsächlich enthalten war, bisher problemlos thermisch verwertet werden. HBCD wurden dabei übrigens nach fachtechnischen Stellungnahmen vollständig zerstört.
Recyclingquote auf EU-Ebene
Auf EU-Ebene wird zurzeit das Kreislaufwirtschaftspaket diskutiert. Ausgerechnet Deutschland, der „Recyclingweltmeister“, fordert, die Recyclingquote solle für 3 Jahre ausgesetzt werden. Ach. Da erinnern wir uns an eine Meldung, dass fast die Hälfte der säuberlich gesammelten Kunststoffe noch immer in der thermischen Verwertung landet.
Bei der Berechnung der Quote sollten Standardverluste abgezogen werden und nicht, wie von der EU-Kommission beabsichtigt, das Gewicht des Abfalls zugrunde gelegt werden, der einem endgültigen Recyclingverfahren zugeführt wird. Will man das bloß nicht zu gründlich erfassen?
Gewerbliche Sammlungen gestärkt?
Seit Anfang Oktober liegen die Entscheidungsgründe des BVerwG zur Zulässigkeit gewerblicher Sammlungen vor. Nun gut, das Urteil hinsichtlich der Sammlung von Schrott und welche Nachweise für die weitere Verwertung erforderlich sind, ist noch klar und nachvollziehbar. Wir hatten berichtet: Die Sammler müssen nicht alle nachgeschalteten Verwertungswege benennen, sondern den unmittelbaren Abnehmer der gesammelten Metalle, der zur Annahme bereit ist. O.k.
Altkleidersammlung
Pressemitteilungen ist jedoch zu entnehmen, das Urteil zur Altkleidersammlung stärke ebenfalls die gewerblichen Sammlungen. Das verwundert.
Leistungsfähigkeit des gewerblichen Sammlers
Zunächst hat das BVerwG die Möglichkeit der höheren Leistungsfähigkeit bei kleinen Sammlern erst einmal kategorisch abgelehnt. Diese höhere Leistungsfähigkeit könne nur bei flächendeckender Sammlung angenommen werden, nicht aber bei einem „unkoordinierten Nebeneinander“ vieler kleiner Sammler. Warum? Eine weitere Begründung lässt das BVerwG missen. Was aber, wenn die kleinen Sammler effizient arbeiten, sich evtl. abstimmen und vor allem hochwertig verwerten? Das zählt offenbar nicht.
Gewerbliche Sammlung versus Daseinsvorsorge
Ganz prinzipiell ordnet das BVerwG die Abfälle, die durch gewerbliche Sammlungen eingesammelt und verwertet werden, der Daseinsvorsorge der öffentlichen Hand zu. Über die Vorgaben des Vertrages über die EU. Egal, dass das EU-Recht sowieso nicht von Überlassungspflichten spricht, sondern davon, dass die Mitgliedstaaten ausreichende Kapazitäten zur Beseitigung von Abfällen im Inland vorzuhalten haben.
Und egal, ob die Verwertungswege für entsprechender Stoffe – und hierunter fallen nicht nur Altkleider, sondern prinzipiell z.B. auch Schrott und Altpapier – überhaupt von den öffentlich-rechtlichen Entsorgern aufgebaut und etabliert wurden oder nicht vielmehr von privaten, oftmals kleinen und mittelständischen Unternehmen.
Aber selbst in diesem Zusammenhang scheut sich das BVerwG nicht, bezüglich der privaten Sammler, die entsprechende Verwertungswege etabliert haben, von „Rosinenpickerei“ zu sprechen.
Quote, die dem örE entzogen werden darf
Bei der Quote, die den öffentlich-rechtlichen Entsorgern entzogen werden darf, bezieht sich das BVerwG – angeblich – auf die bisherige oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung. In Abhängigkeit von Hol- oder Bringsystem liege die Quote, deren Verlust der örE je Materialfraktion hinnehmen müsse, bei 10 bis 15 %, Ach. Die bisherige einschlägige oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung ging von 10–15% des gesamten Haushalts für die Abfallbewirtschaftung aus, und nicht von einer Fraktion.
Außerdem seien, so das BVerwG, alle Sammlungen einzuberechnen, über die der öffentlichen Hand Abfallmengen entzogen werden könnten. Auch solche, die bereits untersagt wurden, die Untersagungen aber angefochten und daher noch nicht bestandskräftig seien. Auch gemeinnützige Sammlungen seinen bei der Quote einzuberechnen. Das steht zwar so nicht im Gesetzestext. Aber was soll’s. Außerdem seien die Feststellungen in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht, also dem Berufungsgericht, zugrunde zu legen. Das betrifft nicht nur zusätzliche Anzeigen von Sammlungen, sondern natürlich auch zwischenzeitlich konkretisierende Planungen des örE, wie er einen Abfallstrom, den er früher gar nicht berücksichtigt hat, nun in seiner weiteren Entsorgungsplanung berücksichtigen will.
Politische Entscheidung
Es handelt sich um eine politische Entscheidung. Ein Urteil von 30 Seiten, das man ein paar Mal gelesen haben muss, um die Klimmzüge der Begründung nachvollziehen zu können. Einer Begründung, die den Kommunen das prinzipielle Zugriffsrecht auf Abfälle aus privaten Haushaltungen einräumt, egal, ob sie sich in der Vergangenheit überhaupt für diese Abfallströme verantwortlich wähnten oder nicht.
[ zurück zum Anfang ] © 2003-2016 Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit. Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2016-11-30 |