Rechtsanwältin Dr. Birgit Stede |
Es gibt eine Unmenge an Gedenktagen. So etwa einen Weltfriedenstag. Natürlich! Für Frieden ist ja, trotz aller Kriege, sowieso irgendwie jeder. Es gibt einen Weltbiertag, den Tag des Butterbrotes, einen Weltlachtag und den internationalen Kiffertag, der wohl eher zufällig auf den 20. April fällt. Einen Tag des Schlafes (wovon es ruhig mehrere geben könnte!). Und es gibt z.B. einen Tag der seltenen Krankheiten. Der fällt - komisch oder auch nicht - auf den 29. Februar. Nun gut, es geht ja auch nur um seltene Krankheiten.
Verpackungen
Seit einigen Jahren gibt es auch einen Tag der Verpackung. Klar. Das Thema Verpackung und Verpackungsabfälle ist hoch angesiedelt. Denn Verpackungen sind allüberall. Keine Scheibe Wurst oder Käse, keine Seife und auch sonst keine Ware wird mehr ohne Verpackung verkauft.
Zur Entsorgung dieser Verpackungen haben wir die Dualen Systeme. Die streiten sich zwar seit Jahr und Tag wie die Berserker über die lizensierten Mengen und damit darüber, ob und wie sich einzelne Systembetreiber einen zusätzlichen wirtschaftlichen Vorteil zuschustern. Der Schaden soll bei immerhin 60 Millionen Euro liegen. Trotzdem ist die Aufrechterhaltung des Systems mit dem VerpackungsG beschlossene Sache. Die neu zu installierende zentrale Stelle soll die Streitigkeiten richten. Ob einzelne Systembetreiber dann noch Wege finden, um sich doch ihre Vorteile zu sichern, …?
Und welche Recyclingwege die Kunststoffabfälle gehen, wenn China tatsächlich mit seinem Importstopp ernst macht…? Was wird aus Deutschland, dem Recyclingweltmeister?
Der Bundesrat hatte – wir haben berichtet – dem Gesetz zugestimmt. Entgegen dem Votum seines eigenen Umweltausschusses. Und entgegen dem Begehren der kommunalen Entsorger.
Zustimmung zur MantelV?
Bleibt nur zu hoffen, dass hier keine Zugeständnisse im Spiel waren nach dem Motto: Stimmst Du dem einen Gesetz zu, so sag ich nichts gegen die andere Regelung. Die Rede ist mal wieder von der MantelV. Denn der Kabinettsbeschluss zu dieser Verordnung ist zwar grundsätzlich für die Akzeptanz von Ersatzbaustoffen sinnvoll. Bundesweit gesehen jedoch z.B. nicht für Stahlwerksschlacke, von der nach einschlägigen Schätzungen 40% nicht mehr verwertet werden könnten. Und vollkommen inakzeptabel ist diese Verordnung für die Verfüllung. Dieser Verwertungsweg würde weitestgehend versperrt. Vollkommen ohne Not würde der Entsorgungsnotstand drohen!
Zwar hat der Bundesrat das Thema Mantelverordnung 2 Tage vor der Bundestagswahl nun doch nicht mehr auf der Tagesordnung gehabt. Denn auch die Länder haben höchst unterschiedliche Vorstellung, wie diese Verordnung letztlich ausfallen soll. Also kein Durchwinken. Ob aber künftig den Forderungen zu sachgerechten Änderungen nachgekommen wird? So etwa der Forderung nach einer Öffnungsklausel, wonach die Länder weitergehende Regelungen für die ordnungsgemäße und schadlose Verfüllung treffen bzw. beibehalten können.
Deutsche Autoindustrie…
Ähnlich wie die Dualen Systeme agiert die Autoindustrie. Der deutschen Wirtschaft liebstes Kind. Eigentlich. Denn ein Skandal folgt dem anderen. Nicht der Skandal, so scheint es, ist das Besondere, sondern der Skandal ist die Normalität. Ähnlich wie bei der Lebensmittel- und der Textilindustrie, der modernen Tierhaltung usw. usw. Aber auch aus den aktuellen Skandalen will man als Gewinner hervorgehen. Die Vermarktung von Neuwagen soll angekurbelt werden. Über Rücknahmeprämien, Verschrottungsprämien usw.
Egal, welche Wertezerstörung erfolgt, egal, welcher Rohstoff- und Energiebedarf für die Herstellung der Neuwagen besteht. Vergleichbar den hochgepriesenen Elektroautos. Da kommt der Strom ja auch aus der Steckdose.
… und Altautoverwertung
Auch die Altautorecycler wittern Morgenluft. Ähnlich wie bei der Verschrottungsprämie vor einigen Jahren. Ob die ausgemusterten KFZ aber tatsächlich bei ihnen landen? Schon jetzt werden die europaweit nicht ordnungsgemäß verwerteten Altfahrzeuge auf jährlich über 3 Millionen geschätzt. Doch wen interessiert schon der Stickoxidgehalt in osteuropäischen oder afrikanischen Städten?
POP-Abfall-Überwachungs-Verordnung
Derweil und nicht nur an einem Jahres-Gedenktag, sondern ganz alltäglich sind die nun erlassenen Verordnungen umzusetzen und zu vollziehen. So etwa die neue POP-Abfall-Überwachungs-Verordnung. Styropor muss getrennt gesammelt und darf nur in eigens zugelassenen Anlagen mit anderen Abfällen vermischt werden. Das muss es auch, denn als Monofraktion kann es sowieso nicht verbrannt werden. Wie und in welchem Verhältnis gemischt werden darf – nun, da werden noch Diskussionen laufen.
Und warum das Ganze?
„Dem Zerstörungsgebot von POP-haltigen Abfällen wird bei der Entsorgung HBCD-haltiger Abfälle mittels thermischer Behandlung genüge getan. Bei der Verbrennung der HBCD-haltigen Dämmstoffe wird die entstehende Wärme genutzt (energetische Verwertung). Dabei wird das HBCD vollständig zerstört …“, so das Umweltbundesamt im Juli 2016. Beim Durchlaufen der einzelnen Entsorgungsstufen (Abbruch, Transport und thermische Behandlung) von HBCD-haltigen Dämmplatten unter Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen sowie der weiteren nachgeschalteten Entsorgung der Asche komme es daher zu keinem Gesundheitsrisiko.
Warum dann nicht weiter so, die unmittelbare Zuführung der nicht weiter recyclingfähigen Baumischabfälle zur thermischen Verwertung? Es bestand kein Entsorgungsproblem. Aber das künstlich geschaffene Problem musste geklärt werden.
GewAbfV
Seit dem 1. August ist sie nun auch in Kraft, die neue GewAbfV. Allerdings nur teilweise. Sortier- und Recyclingquoten sowie die Mindestausrüstung, die Vorbehandlungsanlagen vorhalten müssen, gelten erst ab dem 1. Januar 2019. Aber dann gelten sie!
Kommunale Entsorger
Die kommunalen Entsorger erinnern sich anlässlich der Novellierung dieser Verordnung daran, dass Gewerbebetriebe ja zumindest eine Restmülltonne vorhalten müssen. Und so wird aktuell eifrig geprüft, welchem Gewerbebetrieb man noch eine Restmülltonne aufdrücken kann.
Getrenntsammlung
Im Übrigen gelten nun die Pflichten zur getrennten Sammlung für die Abfallerzeuger und -besitzer. Zu der konkreten Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen allerdings irgendwelche Restfraktionen doch wieder gemeinsam erfasst werden dürfen, halten sich die Vollzugsbehörden zurzeit bedeckt. Sie verweisen auf den Verordnungstext und den mit der Novellierung verkündeten Zweck der Verordnung. Egal, ob der Zweck überhaupt realistisch erscheint oder nicht. Vollzugshilfen werden frühestens im nächsten Jahr in Aussicht gestellt. Dafür versuchen verschiedene Verbände, Leitfäden und Handlungshilfen zur Umsetzung an die Hand zu geben.
Bau- und Abbruchabfälle
Gerade Bau- und Abbruchfirmen halten jedoch bereits jetzt ihre Abfälle weitestgehend getrennt. Altholz, Papier und Pappe, Metalle, mineralische Abfälle wie Bauschutt, Beton, Gips, teerfreier und teerhaltiger Asphalt, asbesthaltige Baustoffe und Dämmmaterial werden getrennt erfasst, bei Bedarf in den hierfür vorgesehenen Behältnissen. Und das ist auch wirtschaftlich, denn die Restfraktion – der Baumischabfall – ist eine der teuersten Abfallfraktionen überhaupt.
Jeder in der Branche weiß, dass Baumischabfälle in der Regel in einem solchen Maße verunreinigt sind, dass eine weitere Sortierung kaum möglich ist. Die thermische Verwertung war und ist für diese Fraktionen nun einmal der geeignete Entsorgungsweg.
Aber welcher Nachweis soll geführt werden, um zu belegen, dass weder die Getrennthaltung noch die Zuführung zu einer Vorbehandlungsanlage technisch möglich oder wirtschaftlich zumutbar sind? Auch wenn diese Ausnahme – wie bisher – realistischer Weise die Regel sein wird. Welche Lichtbilder, welche Lagepläne sind aussagekräftig? Unterschiedliche Einschätzungen der Vollzugsbehörden sind vorprogrammiert. Eine praxisgerechte Einschätzung, wann technische Unmöglichkeit und / oder wirtschaftliche Unzumutbarkeit vorliegt, ist bisher jedenfalls nicht klargestellt.
Im Ergebnis plädieren wir für einen neuen Gedenktag. Den Tag des Baumischabfalls. Mit Styropor. Natürlich!
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