Rechtsanwältin Dr. Birgit Stede |
Endlich Frühling. Es ist mild, die Sonne scheint, alles sprießt und gedeiht. Die Obstbäume stehen in voller Blüte. Alles Bestens? Nein, es gibt kaum noch Bienen. Das Bienensterben ist schon lange bekannt. Nun sind die drei Pflanzenschutzmittel, die als schädlich für Bienen gelten, von der EU verboten worden. Jedenfalls für die Freiflächen. Ein Erfolg, eine Rettung? Ähnlich dem Erfolg, den unsere scheidende Bundesumweltministerin für ihre Amtsperiode verbuchen möchte?
Erfolge der Umweltpolitik
„Der Wohnungsbau boomt, die Welt hat einen Plan, um die Klimakatastrophe doch noch abzuwenden und wir haben endlich einen Prozess, um mit den Sünden des atomaren Zeitalters umzugehen.“ So die scheidende Bundesumweltministerin. Das klingt doch gut. Ähnlich wie das nun ausgesprochene Verbot bestimmter Insektizide.
Ja, der Wohnungsbau boomt – aber ist das ein Erfolg des Ministeriums? Gelernt, mit den Sünden des atomaren Zeitalters umzugehen? Vielleicht hat man ja gelernt, dass es nach wie vor keine Lösung für die Endlagerung atomaren Mülls gibt. Und das mit dem Klimawandel? Na ja. Deutschland importiert Biodiesel, gewonnen aus Palmöl oder aus Soja, in Lateinamerika produziert auf Flächen, wo einst Regenwälder standen. Deutschland importiert Steinkohle aus Kolumbien, wo die vormals dort lebende Bevölkerung für den Kohleabbau in die komplette Armut vertrieben wird. Und Deutschland verbrennt fleißig Braunkohle. Gleichzeitig werden E-Autos angepriesen. Doch die verbrauchen Strom. Und deren Energiebilanz sieht laut einer aktuellen Studie im Vergleich zu einem Benziner oder Diesel gar nicht so blendend aus. Es lebe der Klimawandel!
Mikroplastik
findet man so gut wie überall. Fast täglich wird darüber berichtet. Im Bioabfallkompost, in abgefülltem Trinkwasser, in Flüssen und Seen, selbst in der Arktis. Die Vermüllung der Ozeane ist ohnehin ein Thema auf höchster politischer Ebene geworden.
Interessant bleibt, dass bei jeder Vorstellung neuer Untersuchungsergebnisse, in denen Plastik in Gewässern – egal ob großteilig oder als Mikropartikel – festgestellt wird, betont wird, dass weiterer Untersuchungsbedarf besteht. Hinsichtlich der Auswirkungen auf Menschen und Umwelt.
Wie lange will man denn forschen? Bis man guten Gewissens behaupten kann, dass Kunststoffpartikel, die vom Plankton über die weitere Nahrungskette aufgenommen werden und schließlich auf unseren Tellern landen, eigentlich gesund sind? Dass Plastikteile in den Mägen der Meeresbewohner und Meeresvögel keinesfalls schädlich sind?
Lebensmittelrecycling
Ähnlich der aktuelle Skandal um den Fluss Schlei. An dessen Uferstreifen wurden und werden große Mengen Plastikabfall festgestellt. Dieser soll aus dem Faulturm einer Kläranlage stammen. Und diese hat wiederum Speisereste angenommen, um sie mit zu vergären.
Nun hat sich herausgestellt, dass Speisereste von einem Recyclingunternehmen stammen, das z.B. auch Lebensmittel aus Supermärkten entsorgt hat, bei denen das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten war. Und diese Lebensmittel wurden samt Verpackung einfach geshreddert und zur Kläranlage geliefert.
Da kratzt man sich gleich mehrfach an den Kopf: Weshalb werden die Lebensmittel nicht kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums zu günstigen Preisen oder an die so genannten Tafeln abgegeben? Es gibt genügend bedürftige Menschen! Zur Sicherung hoher Preise werden also Lebensmittel schlicht und einfach zerstört. Weshalb werden diese Lebensmittel mitsamt ihrer Verpackung einfach geshreddert? Es ist ein einfaches Verfahren! Auch wenn die Lebensmittel dann erst so richtig mit den Verpackungen vermischt werden. Weshalb gilt hier kein Vermischungsverbot? Weil dieses Verbot nun einmal nur für gefährliche Abfälle gilt. Und weshalb weist man den Abnehmer nicht darauf hin, dass in den Lebensmittelabfällen auch Plastik und sonstige Verpackungen enthalten ist?
Genau da beginnt der Streit. Denn in den Verträgen sei eindeutig geregelt, dass auch Fremdstoffe in den Speiseresten enthalten sein können, so der Recyclingbetrieb. Diesen Streit werden wir wohl noch eine Weile verfolgen dürfen!
MantelV…
In Fachkreisen wird erwartet, dass die MantelV nun wieder an Fahrt gewinnen wird. Auf so gut wie allen Tagungen werden die künftigen bundesweit einheitlichen Anforderungen an die Verwertung mineralischer Abfälle diskutiert. Die MantelV soll kommen, wenn auch – möglichst - mit modifizierten Vorgaben. Auch wenn es immer noch Bundesländer gibt, die sich prinzipiell gegen die Verwendung geeigneter Sekundärbaustoffe – entsprechend der vorgesehenen Anforderungen der EBV- stellen. Hierdurch würden Schadstoffe unkontrolliert in der Umgebung verteilt, so das Argument. Doch zum einen gibt es auch in natürlichem Gestein bestimmte Anteile z.B. an Schwermetallen. Eben ganz natürlich. Zum anderen wird genau ausgelotet, wie und in welchen Bauweisen die Ersatzbaustoffe verwendet werden sollen.
… und die Akzeptanz von Ersatzbaustoffen
Dennoch stoßen Ersatzbaustoffe immer noch auf große Akzeptanzprobleme. Bei der öffentlichen Hand, die in großem Umfang Verwender von Baustoffen ist – sei es beim Gebäudebau, sei es beim Straßen- und Wegebau, sei es beim Deponiebau. Doch in öffentlichen Ausschreibungen werden Ersatzbaustoffe oftmals noch kategorisch ausgeschlossen. Und die Skepsis überträgt sich auf private Bauherrn und Baufirmen, die teilweise durch die zuständigen Überwachungsbehörden noch geschürt wird. Erschwerend kommt hinzu, dass auch nach der ErsatzbaustoffV immer noch umfangreiche Anzeigepflichten vorgesehen sind. Weder Bauherr noch Baufirma wollen aber zusätzlichen Aufwand und Nachweise für den Einsatz von Baumaterialien erbringen.
Forderung nach Erleichterungen
Entsprechend werden mögliche Wege zur Akzeptanzsteigerung von Ersatzbaustoffen und Wege zur Erleichterungen für deren Einsatz diskutiert und gefordert. Gerade die öffentliche Hand müsse verstärkt in die Pflicht genommen werden, vorrangig Ersatzbaustoffe zu verwenden.
Denn bei mineralischen Abfällen ist tatsächlich die öffentliche Hand gefordert: Sie verwendet nun einmal in ihren Baumaßnahmen in großem Umfang Baustoffe. Und sie hat eine Vorbildfunktion!
Teerhaltiger Straßenaufbruch
Eine Vergabestelle darf nicht ohne Weiteres die thermische Verwertung von teerhaltigem Straßenaufbruch vorschreiben, so kürzlich das Oberlandesgericht München. U.a. wegen der langen Transportwege, nämlich in die Niederlande. Und weil dort die Kapazität zur thermischen Behandlung ohnehin auf 750.000 t /a begrenzt ist. Dagegen fallen nach Angabe einschlägiger Verbände allein in Deutschland jährlich ca. 2 Mio. Tonnen teerhaltigen Straßenaufbruchs an. Eine Entscheidung, die durchaus auf pragmatischen und ökologischen Überlegungen basiert.
Konsequente Maßnahmen?
Kommen wir zurück zu den Bienen. 3 Insektizide, die für die Bienen schädlich sind, werden verboten. Na gut. Alles andere bleibt wie es war. Die Monokulturen, viel zu wenig blühende Wiesen. Milben, die die ohnehin geschwächten Bienen befallen und die sich dank des milden Januars auch noch stark vermehren konnten.
Grundsätzliche Abhilfe würde grundsätzliche Eingriffe in die moderne Landwirtschaft bedeuten. Das würde zwar den in der Massentierhaltung geschundenen Tieren, der Landschaft und dem Grund- und Trinkwasser, das Dank der Gülleaufbringung in vielen Regionen zu stark mit Nitrat belastet ist, gut tun. Aber einen solchen, grundsätzlichen Eingriff in die moderne, industrialisierte Landwirtschaft will man schon gar nicht.
Zu guter Letzt eine kleine Posse aus der Welt der Ordnungshüter: Wer einen Pizzakarton in einen Abfalleimer schmeißt, läuft Gefahr, ein Ordnungsgeld zu kassieren. So jedenfalls geschehen in einer Stadt in NRW. Das sei Hausmüll und müsse in die Hausmülltonne. Hätte der Betreffende klammheimlich den Karton in das nächstgelegene Gebüsch geworfen, so wäre wahrscheinlich nichts passiert.
Das Ordnungsgeld wurde übrigens wieder aufgehoben.
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