Rechtsanwältin Dr. Birgit Stede |
Es tropft, es tropft nicht, es tropft… In diesem trockenen Sommer hat so manch einer auf mehr Tropfen gewartet. Aber wir möchten nicht über den ersehnten Regen reden, sondern über die Weiterentwicklung der abfall- und umweltrechtlichen Vorgaben. Entwürfe für neue Vorgaben werden zurzeit kaum vorgelegt. Da tröpfelt es eher. Dafür sind aber so manche Neuregelungen noch in der Pipeline, so z.B. die MantelV und die Novellierung der TA Luft. Und die LAGA war in letzter Zeit auch ziemlich eifrig.
Metallspäne…
Das Thema kocht weiter. Ob und wann Metallspäne mit anhaftenden Kühlschmierstoffen als gefährlicher Abfall einzustufen sind. Die KSS tropfen, sie tropfen nicht… Dieser Abgrenzung hatte das VG Sigmaringen im letzten Jahr eine klare Absage erteilt: Es gebe keine Ermächtigungsgrundlage hierfür. Der Begriff der „Tropffreiheit“ zur Abgrenzung gefährlich – ungefährlich sei sowieso zu unbestimmt. Anhaltende Analysen könnten ohnehin nicht erstellt werden. Auch seien die Maßnahmen zum Erzielung der „Tropffreiheit" variabel. Schließlich seien die unterschiedlichen Arten von Schmierstoffen zu berücksichtigen.
… und die Vollzugshinweise der LAGA
Hierzu hat die Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) kürzlich Vollzughinweise vorgelegt. Doch es weiterhin wird allein auf die „Tropffreiheit" abgestellt.
Einerseits dürfte diese Einschätzung, tropfende Metallspäne als gefährlichen Abfall einzustufen, dem politischen Willen entsprechen. Ähnlich wie beim HBCD. Die Metallspäne sind jedoch definitiv kein Schlamm, was ASN 12 01 18*, dem diese Späne zugeordnet werden sollen, voraussetzt! Ferner werden die vom VG Sigmaringen angesprochenen Kritikpunkte in dieser Vollzugshilfe gar nicht thematisiert. Mal sehen, wie die Gerichte künftig diese Hinweise bewerten werden.
Vollzugshinweise zur GewAbfV
Auch hat die LAGA kürzlich ihren Entwurf der Vollzugshinweise zur neuen GewAbfV veröffentlicht. Was in der GewAbfV schon realitätsfern erscheint, wird in diesen Hinweisen jedenfalls weitgehend manifestiert.
So werden die Kriterien konkretisiert, wann die Getrenntsammlung entfallen kann. Wirtschaftlich unzumutbar könne diese sein, wenn die Mehrkosten für die getrennte Erfassung „außer Verhältnis“ zu den Kosten für eine gemeinsame Erfassung und Verwertung der Abfälle stehen. Technische Unmöglichkeit könne z.B. bei beengten Platzverhältnissen oder aber im Falle von hygienischen Problemen, so etwa bei Rattenbefall oder Fruchtfliegenentwicklung, vorliegen. Fragt sich nur, wie viele Fliegen zu welcher Jahreszeit erforderlich sind, um diese Voraussetzung als erfüllt anzusehen.
Ähnliche Kriterien sollen herangezogen werden für Fraktionen, die gemeinsam erfasst werden dürfen. Die sind dann aber grundsätzlich einer Vorbehandlungsanlage zuzuführen.
Bau- und Abbruchabfälle
Immerhin soll in den Vollzugshinweisen aufgegriffen werden, dass eine Aufbereitung nicht zielführend ist, wenn für die recycelten Materialien keine Akzeptanz besteht und somit kein Markt vorhanden ist. In den Vollzugshinweisen soll dies unter „wirtschaftliche Unzumutbarkeit“ klargestellt werden. Andernfalls wäre die Aufbereitung schlicht und einfach auch nur eine reine Energieverschwendung.
Baumischabfälle
Alles andere als praxisnah sind hingegen die Ausführungen zu Baumischabfällen. So sollen Baumischabfälle einer Vorbehandlungsanlage im Sinne der GewAbfV zugeführt werden, wenn überwiegend, d.h. augenscheinlich mehr als 50% nicht-mineralische Anteile im Gemisch enthalten sind. Zwar wird von der LAGA durchaus anerkannt, dass die Baumischabfälle so stark verunreinigt sein können, dass eine Vorbehandlung nicht zielführend ist. Diese Prüfung soll aber im Rahmen der Eingangskontrolle einer Vorbehandlungsanlage geschehen, die das Gemisch dann zurückweisen kann. Aber welcher Vorbehandler weist schon zurück?
Umgekehrt sollen Baumischabfälle einer Aufbereitungsanlage zugeführt werden, wenn überwiegend, d.h. augenscheinlich mehr als 50% mineralische Anteile im Gemisch enthalten sind. Doch welche Bauschuttaufbereitungsanlage nimmt Gemische mit hohen nicht mineralischen Anteilen an? So können in diesen Anlagen einzelne Störstoffe aussortiert werden, nicht aber Anteile von 10/20/30 oder gar 40%, was in der Regel genehmigungsrechtlich auch gar nicht zulässig ist.
Zuführung zu einem Zwischenlager
Zwar darf man sich bei gemeinsam erfassten Fraktionen – seien es Gewerbeabfälle, sei es Baumischabfall – durchaus eines Zwischenlagers bedienen. Aber Abfallerzeuger und -besitzer bleiben nach den Vorstellungen der LAGA in der Verpflichtung, sicherzustellen, dass die Abfälle letztendlich in einer Vorbehandlungsanlage landen. Auch dürften hiernach im Zwischenlager keine tatsächlich noch recyclingfähigen Fraktionen wie etwa Altholz oder Metall entnommen werden. Dies soll den Vorbehandlungsanlagen vorbehalten bleiben. Ganz unabhängig davon, ob in den Vorbehandlungsanlagen tatsächlich eine weitergehende Sortierung erfolgt oder ob die Abfälle – ggf. nach der Entnahme einzelner recyclingfähiger Fraktionen - wie bislang unmittelbar der thermischen Verwertung zugeführt werden.
Recyclingquoten oder Marktbereinigung?
Ob mit der GewAbfV und den nun erarbeiteten Vollzugshinweisen die Recyclingquoten steigen werden? Die Entsorgungsbranche beklagt zu Recht die mangelnde Akzeptanz von Recyclingprodukten und dass in der Produktion immer noch zu wenig auf die Recyclingfähigkeit der ausgedienten Produkte geachtet werde. Daneben wachsen sowieso die Mengen z.B. an Kunststoffabfällen, die nicht mehr nach China und nun auch nicht mehr nach Malaysia, Vietnam, Thailand usw. abgeschoben werden können.
Den Gewerbetreibenden werden höhere Kosten zugemutet, wofür auch immer. Bislang bewährte Wege wie etwa die Entnahme von noch recyclingfähigen Fraktionen aus ansonsten gemischten Chargen, die für nichts anderes geeignet sind als für die thermische Verwertung, werden versperrt. Das nennt man Marktbereinigung. Oder Enteignung der Betreiber von Zwischenlägern. Neue Andienungspflichten werden geschaffen – gegenüber den Vorbehandlungsanlagen. Egal, ob in diesen Anlagen überhaupt mehr passiert, also mehr sortiert wird als bislang in den Zwischenlägern.
Altkleider und Bestandssammlungen
Ähnlich wie das BVerwG zum Thema gewerbliche Sammlung von Sperrmüll – wir hatten berichtet – hat nun auch der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof entschieden. Nämlich die Frage, ob Bestandssammlungen, die schon vor Inkrafttreten des KrWG durchgeführt wurden, überhaupt die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgers gefährden können. Ein solcher Schutz des örE komme nicht in Betracht, wenn dieser seine Aktivitäten – hier: im Bereich der Alttextilien-Sammlung – erst nach Inkrafttreten des KrWG gegründet hat und die Alttextilien im Entsorgungsgebiet bislang ausschließlich von gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlungen erfasst wurden. Es habe daher an einer Strukturplanung des örE gefehlt, die durch gewerbliche Sammler beeinträchtigt werden könne.
MantelV
Während manche Verbände den Erlass der Mantelverordnung fordern, zeigt sich insbesondere die Bauwirtschaft weiterhin skeptisch und verweist auf die großen Mengen an mineralischen Abfällen, die zusätzlich deponiert werden müssten.
Gleichzeitig will der Bundesrat nun – nach der Sommerpause – sein Votum abgeben. Unter den Ländern besteht jedoch große Uneinigkeit. So liegen mittlerweile ca. 100 Änderungsanträge zur ErsatzbaustoffV vor. Im Frühling hatte sich bereits eine Arbeitsgemeinschaft der Länder gegründet, die sich nun in 2 Arbeitsgruppen aufteilt und sich jeweils dem Thema EBV und dem Thema Bodenschutz / Verfüllung widmet.
Den weiteren Werdegang dieser Verordnung wir natürlich verfolgen und Sie selbstverständlich auf dem Laufenden halten.
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