Rechtsanwältin Dr. Birgit Stede |
„Das Bruttoinlandsprodukt interessiert mich nicht. Mich interessiert das Bruttoinlandsglück.“ So Ende der 70er Jahre Jigme Singve Wangchuck, der damals junge König von Bhutan, einem sehr kleinen Land tief im Himalaya. Sein Maßstab für das Bruttonationalglück sind z.B. eine sozial gerechte Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik, der Schutz der Umwelt und gute Regierungs- und Verwaltungsstrukturen. Klingt doch gar nicht so übel. Auch wenn man heute den Eindruck gewinnen muss, die Welt ist weiter entfernt davon denn je.
So wünsche ich den geneigten Lesern alles Gute, kommen Sie wohlbehalten durch diese schwierigen Zeiten und bleiben Sie bitte gesund!
Entwurf des neuen KrWG
Die vorgesehenen Änderungen des KrWG sind nun gegenüber der Europäischen Kommission notifiziert worden. In dem vorgelegten Gesetzesentwurf sind allerdings einige Änderungen im Vergleich zum Vorentwurf enthalten.
So ist nicht mehr das Klagerecht der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegen angezeigte gewerbliche Sammlungen enthalten. Immerhin. Doch ein einklagbarer Anspruch auf Verwendung von Sekundärrohstoffen, so insbesondere auch von Ersatzbaustoffen für die umfangreichen Baumaßnahmen der öffentlichen Hand, soll gleichfalls nicht vorgegeben werden. Sei es im Wege vergaberechtlicher Vorgaben, sei es im Wege einer Beweislastumkehr. Da wird die vorrangige Verwendungspflicht von Sekundärrohstoffen wohl eher ein Papiertiger bleiben!
Dafür ist die im bisherigen Entwurf enthaltene Forderung, Hersteller und Handel müssten zurückgenommene Waren höherwertiger verwerten als Kommunen, gewerbliche oder gemeinnützige Sammler, gestrichen worden. Wie sollte das auch gehen? Nun ist nur noch die Rede von mindestens gleichwertiger Rücknahme und Verwertung.
Nun gut. Soweit der aktuelle Entwurf zur Änderung des KrWG, wie er der Kommission vorgelegt wurde. Wir werden sehen, wie die endgültige Fassung aussehen wird. Da gab es ja schon öfter mal Überraschungen.
BVerwG zu gewerblichen Sammlungen
Apropos gewerbliche Sammlungen: Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht Ende letzten Jahres eine weitere Grundsatzentscheidung getroffen, die zumindest gewerbliche Bestandssammlungen stärkt. Danach dürfen solche bestehenden Sammlungen nicht untersagt werden mit dem Ziel, dem örE die Vergabe entsprechender Entsorgungsleistungen zu ermöglichen. Der örE habe sich, anders als bei neu hinzutretenden Sammlungen, auf bestehende Sammlungen eingestellt, so das BVerwG. Zu ergänzen bliebe, dass er sich zumindest hätte darauf einstellen können! Jedenfalls werde die Funktionsfähigkeit des örE durch Bestandssammlungen nicht wesentlich beeinträchtigt oder unterlaufen.
Wir werden sehen, wie der Gesetzgeber auf dieses Urteil reagieren wird …
Weitere geplante Änderungen
Daneben ist eine Vielzahl von Änderungen bestehender Gesetze und Verordnungen in Planung: Änderung der Altholzverordnung und der Altölverordnung, des Batterie- und des Elektrogesetzes, der DeponieV etc. etc. Auf die jeweils relevanten Änderungen werden wir zurückkommen, wenn die Entwürfe wirklich vorliegen.
So, wie es bei der DeponieV nun der Fall ist. Danach sollen auch Inertabfalldeponien künftig mit einer zusätzlichen Abdichtungskomponente ausgestattet werden. Warum, weshalb? Ernsthafte Probleme für die Umgebung, so insbesondere für den Boden und das Grundwasser, waren und sind durch ordnungsgemäß betriebene DK-0-Deponien zu keiner Zeit in der Öffentlichkeit bekannt geworden oder von der Fachpresse thematisiert worden.
Auch soll die Ablagerung von Abfällen, die zum Zwecke der Wiederverwendung und des Recyclings getrennt erfasst werden, sowie von Abfällen, die sich für die Verwertung eignen, künftig grundsätzlich unzulässig sein. Na klar, wir sind ja Recyclingmeister. Fragt sich nur, was künftig so alles wirklich noch recycelt werden kann.
Glaubensfragen
Denn auf der anderen Seite können, nein, müssen wir eine Wissenschafts- und Grenzwertgläubigkeit beobachten, die das Recycling durchaus schnell zum Erliegen bringen könnte.
Titandioxid
Denken wir an Titandioxid. Das meist verwendete Weißpigment. Es wird in Farben und Lacken, in Verputzen, aber auch in Lebensmitteln und Zahnpasta verwendet. Nun stuft es die Europäische Kommission als wahrscheinlich krebserregend ein.
Ja, in der kritischen Presse kann man durchaus entsprechende Hinweise finden. Wenn es sich um Nanopartikel handelt. Nur, dass Nanopartikel prinzipiell in dem Verdacht stehen, sich in den Organen anzureichern. Egal, aus welchem Stoff sie hergestellt sind. Aber das war nicht der Grund. Ein nationales französisches Institut hatte Mäuse über längere Zeit mit Titandioxidstaub bestäubt. Und siehe da, das hat den Mäusen gar nicht gutgetan. Das wäre ihnen zwar bei Mehlstaub wahrscheinlich auch passiert. Aber hier handelte es sich nun einmal um Titandioxid.
So befürchten nun Entsorger, dass Materialien, so auch Bau- und Abbruchabfälle, als gefährlicher Abfall eingestuft werden, sobald sie 1 % oder mehr Titandioxid enthalten. Das sind echte Perspektiven für die Recyclingwirtschaft.
Asbestfaserfreiheit
Oder nehmen wir die Diskussion im Rahmen des Asbest-Dialogs über die Asbestfaserfreiheit, die 0-Faser-Forderung. Asbest ist zwar ein natürlich vorkommendes Mineral und damit in der Umwelt vorhanden. Als natürliche Hintergrundbelastung wird eine Faserkonzentration von 100 – 150 Asbestfasern pro Kubikmeter angenommen. Auch können durch natürliche Erosion wenige Asbestfasern herausgelöst werden. Diese geringen Konzentrationen in der Außenluft gelten aber als ungefährlich.
Aber wehe, es hängt noch eine Faser an einem Betonbruchstück, das recycelt werden soll … Oder am Gips …
Bleibt nur zu hoffen, dass die Diskussionen über die Gefährlichkeit von Stoffen wieder auf ein Maß zurückgeführt werden, wo der gesunde Menschenverstand auch noch eine Chance hat.
Green Deal
Kurz vor Ende der EU-Weltklimakonferenz in Madrid hat die EU ihren Green Deal vorgestellt. Auch da zeigt sich Europa in der Vorreiterrolle. Und dieser Green Deal sieht durchaus einige Programme für die Abfallvermeidung, die Wiederverwendung von gebrauchten Produkten und die Förderung der Kreislaufwirtschaft vor. Auch soll hierüber natürlich das Weltklima verbessert werden. Abfallexporte außerhalb der EU sollten beendet werden, Mindestrecyclatgehalte sollten jedenfalls für bestimmte Produktgruppen vorgegeben, überflüssige Verpackungen bekämpft werden. Auch gegen absichtlich eingesetzte und unbeabsichtigt freigesetzte Mikrokunststoffe wolle man vorgehen.
Die Recyclingwirtschaft hofft natürlich auf Impulse. Aber zunächst ist das Ganze nur eine Mitteilung, die in den neuen EU-Aktionsplan einfließen soll. Damit ist aber noch nichts umgesetzt. Das müsste dann durch weitergehende Richtlinien und Verordnungen geschehen, wobei die Richtlinien dann erst einmal durch die Mitgliedstaaten umgesetzt und vollzogen werden müssten. Das Alles kann also noch eine ganze Weile dauern. So, wie die unzähligen Klimaschutzkonferenzen, die schon hinter uns liegen … ?
Vermeidung von Kunststoffen
Eigentlich besteht weitgehend Einigkeit: Kunststoffabfälle sollten vermieden werden. Dennoch steigen unsere Abfallmengen auf neue Rekorde. Die Strategien zur Vermeidung von Plastikmüll sind zurzeit eher noch in den Kinderschuhen. Über Verbote von Einwegbesteck, Plastikstrohhalmen und Plastiktüten etc. Wir haben berichtet. Strukturelle Lösungen werden gefordert. Und die sind sicher auch nötig!
Der König von Bhutan
Nachdem unser König von Bhutan zunächst bzgl. des Bruttoinlandsglücks belächelt wurde, wird dieses nun international bemessen. Natürlich von Ökonomen. Weltglückstag war übrigens der 20. März. Doch nach den Vorstellungen des Königs sollen auch die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, das individuelle Entschleunigen des eigenen Alltags und genügend Schlaf das Wohlbefinden im Kleinen stärken. Na, da sind wir wohl auch ziemlich weit entfernt von. Aber immerhin gibt es den Weltrecyclingtag. Der ist am 18. März eines jeden Jahres.
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