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Rechtsanwältin   Dr. Birgit Stede


Newsletter November 2020

Das neue KrWG
Klagebefugnis der örE
Lebensmittelabfälle
Einweg und Mehrweg
Was braucht der Mensch?
Förderung des Recyclings?
Verwendung von Recyclingprodukten
Mantelverordnung
E-Schrott
Abfallberge

Das Weltwirtschaftsforum WEF – nicht gerade als umstürzlerische Vereinigung bekannt – wirbt für eine umfassende Transformation der globalen Wirtschaft. Gradmesser sei die Biodiversität, die seit Jahren rückläufig ist. Nach der Corona-Krise könne und dürfe es nicht so weitergehen wie bisher. Auch die Recyclingwirtschaft müsse gestärkt werden. Diese müsse robust gegen die Volatilität der Primärrohstoffpreise sein. Daher seien langfristige Regulierungs- und Finanzierungsmechanismen erforderlich.

Das neue KrWG

Ob diese Wunschvorstellung von den Teilnehmern des WEF auch tatsächlich beherzigt werden? Z.B. mit dem neuen KrWG? Aber was ist da zukunftsweisend im Sinne der Forderungen des WEF?

Klagebefugnis der örE

Dass den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern nun doch ein Klagerecht gegen gewerbliche Sammlungen zugestanden wird? Das ist neu. Aber ist das zukunftsweisend? Nach den hunderten von Gerichtsverfahren, die wegen dieser Thematik schon geführt wurden. Und obwohl das Bundesverwaltungsgericht den örE eben keine Klagebefugnis zugesprochen hat. So wird das Gesetz kurzerhand um einen Passus erweitert – und die Streitigkeiten können von Neuem losgehen.

Lebensmittelabfälle

Die Verschwendung von Lebensmitteln wird immer wieder und auf das Heftigste beklagt. Doch mit zwei aktuellen Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht bestätigt, dass ‚Containern‘ strafbar sei. Zwar hätten die ausgemusterten Lebensmittel für den Supermarktbetreiber keinen Wert mehr. Dies hieße aber nicht, dass er sein Eigentum aufgeben wolle. Vielmehr würde er ja mit dem Befüllen der Container signalisieren, dass er die Lebensmittelabfälle eben dem Entsorger überlassen wolle.

Da hätte die Novellierung des KrWG durchaus genutzt werden können, die Lebensmittelverschwendung zu bekämpfen. Durch eine Verpflichtung z.B., Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum dabei ist abzulaufen, an soziale Einrichtungen und Tafeln abzugeben. Menschen in prekären Situationen gibt es auch bei uns zu Genüge. Aber nein. Es sollen Lebensmittelspenden und andere Formen der Umverteilung gefördert werden. Bloß keine Verpflichtung des Handels. Obwohl dies in anderen Ländern durchaus schon so umgesetzt wurde.

Einweg und Mehrweg

Ungebrochen sind die Diskussionen und Streitigkeiten über Einweg und Mehrweg von Getränkeverpackungen. Dabei ist es gar nicht so lange her, dass alle Wasserflaschen gleich aussahen, so, wie Bierflaschen auch alle gleich waren. Das hatte den Vorteil, dass die Kästen mit den Flaschen in jeder Verkaufsstelle für Getränke gegen Pfand zurückgegeben werden konnten.

Dann wurde das individuelle Design von Flaschen erfunden, und schwupps, das Pfandsystem, das bis dahin etabliert war, klappt nicht mehr. Und weil das nicht klappt, können die Getränke gleich noch individueller, als Einweg oder als Mehrweg, verpackt werden. Das soll den Kaufanreiz fördern. Und die Wirtschaft warnt vor einseitigen staatlichen Eingriffen bei Getränkeverpackungen. Die Vielfalt der Verpackungen müsse erhalten bleiben!

Ähnlich übrigens der Wegfall vieler Kunststoffverpackungen, die zunehmend geschmäht werden. Die werden nun durch Verbunde auf Papierbasis ersetzt. Wegen des darin enthaltenen Plastikanteils sind die dann gar nicht mehr recycelbar.

Merkwürdig ist nur, dass Weinflaschen auch heute noch weitgehend gleich aussehen. Offenbar kommt es beim Wein doch mehr auf die Rebsorte, die Lage und jedenfalls für manch einen auf den Winzer an.

Was braucht der Mensch?

Da schließt sich die Frage an: Was braucht der Mensch eigentlich? Ständig neue PCs, Tablets und Smartphones? Fast fashion? Laubbläser? Erdbeeren im Februar und Spargel aus Peru? Die Liste könnte unendlich fortgesetzt werden.

Der Welterschöpfungstag, der „Earth Overshoot Day“, fiel in diesem Jahr übrigens auf den 22. August. Dieser Tag markiert den Zeitpunkt, an dem die Menschheit die ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen eines Jahres aufgebraucht hat. Mit dem 22. August fällt dieser Tag relativ spät aus im Vergleich zu den Vorjahren, was aber als direkte Folge der weltweiten Quarantäne-Maßnahmen gewertet wird. In den Vorjahren lag dieser Tag bereits Anfang August bzw. Ende Juli.

Förderung des Recyclings?

Mit dem neuen KrWG wurde leider auch verpasst, das Recycling wirklich und effektiv zu fördern. Zwar werden Recyclingquoten festgeschrieben. Verbindliche Vorgaben zum Einsatz von Recyclaten in der Produktion sind aber weiterhin nicht in Sicht. Eine zu starke Einmischung in die Mechanismen des freien Marktes kommt auch hier nicht in Frage.

Verwendung von Recyclingprodukten

Ähnlich schwammig bleiben die Vorgaben an die vorrangige Verwendung von Recyclingprodukten. Die öffentliche Hand wird zwar zur vorrangigen Verwendung von Recyclingprodukten verpflichtet. Aber ein durchsetzbarer Anspruch derer, die Recyclingprodukte anbieten, wurde nicht eingeführt. So haben z.B. auch Anbieter von Sekundärbaustoffen weiterhin mit den Akzeptanzproblemen für ihre Produkte zu kämpfen.

Und ganz nebenbei wird eine Registerpflicht für aus Abfällen gewonnenen Produkten eingeführt. Dieses Thema soll in Kürze nochmals vertieft werden.

Mantelverordnung

Apropos: Die Diskussionen über die MantelV liefen auf Hochtouren. Im März dieses Jahres hatte die Bundesregierung einen Kompromissentwurf auf Basis der Ergebnisse des Arbeitskreises mit den Ländern vorgelegt. Der enthält weitere Verschärfungen. So wurde gestrichen, welche Sekundärbaustoffe als Produkt bzw. Nebenprodukt eingestuft sind. Ferner sind umfangreiche Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten beim Einsatz von Sekundärbaustoffen vorgesehen. Schließlich sollen weiterhin unterschiedliche Analyseverfahren Anwendung finden und nicht mit dem Deponierecht vereinheitlicht werden. Alles Kritikpunkte, die – neben der dringend benötigten Öffnungsklausel für Verfüllungen – nochmals aufgegriffen und denen abgeholfen werden müsste.

Mit diesem Kompromissentwurf erhoffte sich die Bundesregierung jedoch, die Verordnung noch in dieser Legislaturperiode durchzubekommen. Aber nein, weit gefehlt. Manchem gingen die Verschärfungen nicht weit genug, und so legten im August acht Bundesländer einen gemeinsamen Alternativentwurf zu dieser Verordnung vor, der weitere Verschärfungen enthält. Begründet wird dies mit dem Boden- und Grundwasserschutz, der gewahrt werden müsse. Aber durch den immensen Abbau von Primärrohstoffen werden Boden und Grundwasser geschont?

Und nun hat der Bundesrat der MantelV zugestimmt, allerdings mit weiteren Änderungen, die nun von der Bundesregierung und dem Bundestag akzeptiert werden müssten. Manch ein Kompromiss wurde schon in letzter Minute und mit heißer Nadel gestrickt – dann aber oft als fauler Kompromiss. Hoffen wir nur, dass die Thematik und die Kritikpunkte nochmals eingehend und ernsthaft geprüft werden. Denn andernfalls droht der Entsorgungsnotstand für mineralische Abfälle!

E-Schrott

Die Sammelquote für E-Schrott wurde wieder einmal nicht erreicht, nicht einmal die europaweit vorgegebene Mindestquote. Nun sollen zusätzliche Sammelstellen im Handel entstehen. Und zertifizierte Erstbehandlungsanlagen sollen E-Schrott auch annehmen dürfen, ohne von Herstellern, Vertreibern oder Kommunen extra beauftragt worden zu sein. Das ist doch wahrer Fortschritt. Umgekehrt darf eine beauftragte Sammelstelle nicht einmal ein Kabel abtrennen. Das gilt als unzulässige Erstbehandlung.

Gleichzeitig werden weiterhin Unmengen an E-Schrott verbracht, so etwa nach Ghana, wo sie unter skandalösen Bedingungen behandelt werden.

Abfallberge

Die Abfallberge wachsen derweil auf neue Rekordmengen. Dies, obwohl seit 2013 ein Abfallvermeidungsprogramm vorliegt, das nun fortgeschrieben wird. Und die Mengen verschwinden nicht in den schwarzen Löchern, auch wenn mehreren Wissenschaftlern wegen der Forschung über diese Löcher gerade der Nobelpreis für Physik verliehen wurde. Dabei wäre das so praktisch. Und so manch einen, der in der Welt nur Elend erzeugt und Chaos, Unruhen und Kriege anzettelt, würde man – Hand auf’s Herz - am liebsten ebenfalls in die schwarzen Löcher schicken. Das geht aber leider auch nicht.

 
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©  2003-2020  Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit.
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2020-11-30
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