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Rechtsanwältin   Dr. Birgit Stede


Newsletter Januar 2021

Infobrief Extra zur Mantelverordnung
Die Presse
Gründe gegen die Verordnung in der beschlossenen Fassung
Keine Produkteigenschaft von Sekundärbaustoffen
Unterschiedliche Analyseverfahren
Verfüllung kaum noch möglich
Weniger strenge Regeln in Bayern?
Koalitionsvertrag von SPD immerhin mitunterzeichnet
Entsorgungsnotstand …
… und Anstieg der illegalen Abfall-Exporte

Was würden Sie über einen Bäcker denken, der es versäumt, seinem Teig Mehl beizumischen? Das Brot, das keines ist, würden Sie wohl kaum kaufen. Was würden Sie von einem Mathematik-Lehrer halten, der zwei und zwei nicht zusammenzählen kann? Dass der wohl seinen Job verfehlt hat, oder? Und was würden Sie über einen Journalisten denken, der über ein Thema berichtet, ohne überhaupt die Hintergründe des jeweiligen Themas genauer zu recherchiert zu haben?

Infobrief Extra zur Mantelverordnung

Auch wenn es zurzeit eine Vielzahl von berichtenswerten Themen gibt, soll aus aktuellem Anlass dieser Infobrief Extra nur einem Thema gewidmet werden: Den aktuellen Diskussionen um die Mantelverordnung.

So haben sich die Verbände nach dem Beschluss des Bundesrats vom 6. November 2020 positioniert. Manch ein Verband meint tatsächlich, die Verordnung solle nun so, wie vom Bundesrat beschlossen, endlich erlassen werden. Andere reagieren da zögerlicher, hoffen aber dennoch, mit der MantelV in der beschlossenen Fassung zumindest einen Spatz in der Hand zu haben. Und andere merken und erkennen: Obwohl bundesweit einheitliche Anforderungen an die Verwertung mineralischer Abfälle wünschenswert wären, ist mit der Verordnung in dieser Fassung absolut kein Blumentopf zu gewinnen.

Die Presse

Doch wurden zu dieser Thematik in den letzten Tagen auch aktuelle Presseartikel veröffentlicht, so insbesondere im Spiegel der Artikel „Seehofer blockiert Schuttrecycling“ und in der SZ der Artikel „CSU blockiert Bauschutt-Regel“. In beiden Artikeln wird die derzeitige Haltung von Bundesinnenminister Seehofer und der CSU zur Mantelverordnung als reine Blockadehaltung „in letzter Minute“ dargestellt! Eine sachliche Auseinandersetzung mit der Thematik kann jedoch, auch wenn es sich eigentlich um renommierte Presseorgane handelt, jedenfalls bei diesen Artikeln nicht festgestellt werden.

Gründe gegen die Verordnung in der beschlossenen Fassung

So bleibt z.B. im Spiegel-Artikel vollkommen offen, weshalb Minister Seehofer die Verordnung in der vorgelegten Fassung ablehnt. Dabei gibt es triftige Gründe hierfür:

Keine Produkteigenschaft von Sekundärbaustoffen

So soll die Produkteigenschaft von aufbereiteten mineralischen Abfällen nicht anerkannt werden. Das ist alles andere als eine Akzeptanzförderung für Sekundärbaustoffe, die wiederum für den Einsatz von Sekundärbaustoffen und damit der Schonung der natürlichen Ressourcen unabdingbar ist.

Denn Bauherren, so auch die öffentliche Hand selbst, scheuen den Einsatz von Abfällen bei ihren Baumaßnahmen. Wer will schon Abfälle verwenden? Und die öffentliche Hand schließt den Einsatz von Sekundärbaustoffen in ihren öffentlichen Ausschreibungen oftmals sogar noch explizit aus.

Unterschiedliche Analyseverfahren

Ferner sollen unterschiedliche Analyseverfahren für die verschiedenen Entsorgungswege vorgegeben werden. Dies führt im Zweifel dazu, dass mehrere Probenahmen und Analysen durchgeführt werden müssen, was eine erhebliche Mehrbelastung im Zuge der Wahl eines zulässigen Entsorgungswegs zur Folge hat. Und entsprechend länger bleiben die Haufwerke auf den Baustellen liegen, anstatt dass die mineralischen Abfälle zügig geeigneten und gesicherten Anlagen zugeführt werden können.

Die von vielen Verbänden immer wieder erhobene Forderung, dass für alle einschlägigen Entsorgungswege einheitliche Probenahme- und Analyseverfahren vorgegeben werden müssen, blieb leider unerhört!

Verfüllung kaum noch möglich

Zudem wäre die Verfüllung von Gruben, Brüchen und Tagebauen mit mineralischen Abfällen mit der Verordnung in der vorliegenden Fassung künftig kaum noch möglich. Dies, obwohl in Bayern ein Verfüll-Leitfaden erarbeitet wurde und kontinuierlich fortgeschrieben wird, nach dem sehr strenge Zulassungsverfahren für Verfüllungen durchzuführen sind und eine umfassende Überwachung der Verfüllbetriebe zu gewährleisten ist. Insbesondere die Vorgaben an die Überwachung (Eigenüberwachung, Fremdüberwachung, Grundwasserüberwachung, behördliche Überwachung) sind hierbei wesentlich strikter, als sie in der Mantelverordnung jemals vorgesehen waren und nun vorgesehen sind. Die umweltgerechte Verwertung ist über diesen Verwertungsweg sichergestellt. In den ca. 20 Jahren, in denen bayerische Betriebe nach diesem Verfüll-Leitfaden arbeiten, ist es nach hiesigem Kenntnisstand in keinem Falle zu einer Grundwasserbeeinträchtigung gekommen.

Umgekehrt sollen aber nach der Mantelverordnung z.B. Eluatwerte gelten, die teilweise wesentlich strenger sind als die in der Trinkwasserverordnung vorgegebenen Werte und teilweise sogar strenger als die Werte, die für Babynahrung empfohlen werden.

Dieser etablierte Verwertungsweg, der sicherlich auch für andere Bundesländer empfehlenswert wäre, würde mit der MantelV jedoch weitgehend verschlossen werden.

Weniger strenge Regeln in Bayern?

Ähnlich unreflektiert wird in der SZ argumentiert. Denn auch hier wird vollkommen übersehen, dass in Bayern nicht „weniger strenge“ Regelungen zur Anwendung kommen, über die ein Schaden für Natur und Umwelt in Kauf genommen wird. Vielmehr gewährleisten die bayerischen Regelungen umfassend den Schutz von Umwelt und Natur, worauf in all den Jahren der Diskussion um diese Verordnung stets hingewiesen wurde. Doch wurden die bayerischen Regelungen inhaltlich offenbar von keinem, der sich nun für die MantelV in der vom Bundesrat beschlossenen Fassung stark macht, tatsächlich zur Kenntnis genommen.

Entgegen der Darstellung in der SZ ist der bayerische Verfüll-Leitfaden auch keine von der CSU irgendwie par ordre du mufti erlassener Freibrief zum schädigenden Umgang mit Natur und Umwelt. Vielmehr wurde dieser Leitfaden durch hochrangige Experten des Boden- und Gewässerschutzes, der Abfallwirtschaft und der Umweltchemie, von der obersten Umweltbehörde unter Einbeziehung des Landesamtes für Umwelt, der Wasserwirtschaft, Vollzugsbehörden, Gutachtern und Sachverständigen, den einschlägigen Verbänden und seriösen und erfahrenen Firmenvertretern etc. entwickelt und fortgeschrieben.

Koalitionsvertrag von SPD immerhin mitunterzeichnet

Der in der SZ zitierte SPD-Landtagsabgeordnete scheint im Übrigen ganz vergessen zu haben, dass seine eigene Partei den Koalitionsvertrag mitunterzeichnet hat. Und danach war und ist vorgesehen, dass die Möglichkeit eingeräumt werden soll, länderrechtliche Regelungen, so insbesondere den Bayerischen Verfüll-Leitfaden, beizubehalten. Die CSU grätscht somit nicht in letzter Minute ein. Vielmehr wurde über all die Jahre hinweg auf die Probleme und so auch auf den absehbaren Entsorgungsnotstand hingewiesen, der eintritt, wenn die MantelV so, wie nun vom Bundesrat beschlossen, in Kraft treten sollte.

Entsorgungsnotstand …

Sollten die Anforderungen so, wie vom Bundesrat formuliert, erlassen werden, so ist entgegen der Darstellung insbesondere im Spiegel-Artikel mit einem erheblichen Anstieg an illegalen Abfall-Exporten zu rechnen. Denn ordnungsgemäße Entsorgungswege, so auch der Verwertungsweg Verfüllung, würden verschlossen und Deponien stünden – auch bundesweit – nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung. Die Deponiekapazitäten wären nach Berechnungen von Fachleuten in kurzer Zeit erschöpft.

… und Anstieg der illegalen Abfall-Exporte

Auch muss zunehmend mit illegalen Abfallexporten gerechnet werden, für die dann aber sicherlich nicht der Bundesrat verantwortlich zeichnen wird. Unabhängig davon muss ohnehin mit einem erheblichen Anstieg der Entsorgungskosten für die gesamte Bauwirtschaft gerechnet werden, angefangen beim Häuslebauer bis hin zur öffentlichen Hand einschließlich dem Straßen- und Wegebau.

Die Diskussionen laufen nun seit über 15 Jahre, und gemeinsam mit den einschlägigen Fachleuten wurde stets in den Diskussionen auf die oben genannten Problempunkte hingewiesen. Bleibt nur zu hoffen, dass hier nicht in letzter Minute einem faulen Kompromiss zugestimmt wird, nur um diese Verordnung doch noch in dieser Legislaturperiode durchzupeitschen. Und bleibt zu hoffen, dass zu Themen, die in renommierten Pressorganen aufgegriffen werden, künftig wieder genauer und intensiver recherchiert wird.

 
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©  2003-2021  Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit.
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2021-01-29
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