Rechtsanwältin Dr. Birgit Stede |
Zuweilen packt man sich nur an den Kopf. Da muss man tatsächlich über natürlichen, nicht verunreinigten Boden streiten. Boden, der z.B. gut und gerne und aufgrund des Phosphor- und Stickstoffgehalts bestens auf landwirtschaftlichen Flächen genutzt werden kann. Als ob wir keine anderen Probleme hätten! Dass unsere Böden und Feldfrüchte durch Mikroplastik, den Einsatz von Pestiziden und nicht zu vergessen die PFAS / PFC tatsächlich vergiftet werden, interessiert bei solchen Diskussionen offenbar gar nicht!
UN-Plastikkonferenz
Soeben ist sie zu Ende gegangen. Die UN-Plastikkonferenz in Paris. Knapp 170 Staaten einigten sich darauf, bis zur nächsten Konferenz in Kenia einen Entwurf für ein Abkommen vorzulegen. Immerhin. Einen Entwurf. Für ein Abkommen, das ab 2025 gelten und das dann verbindlich regeln soll, wie gegen die Plastikflut angegangen werden soll. Einen Entwurf, über den man dann wieder lebhaft weiterdiskutieren kann.
Umweltschützer und NGOs sparen natürlich nicht an Kritik. Man habe sich auf einen Minimalkompromiss geeinigt. Die wichtigen Themen seien nach endlosen Verzögerungstaktiken der Plastiklobby abermals verschoben worden. Saudi-Arabien, China und die USA hätten zusammen mit der petrochemischen Industrie alles darangesetzt, ein wirksames globales Abkommen zu untergraben.
Plastikflut allüberall
Dabei sind die Plastikflut und der Plastikmüll allüberall. Nach einer OECD-Prognose wächst der Kunststoffverbrauch von 460 Mio. Tonnen in 2019 in den nächsten Jahren auf 1.231 Mrd. Tonnen / Jahr, wenn keine Plastikvermeidungsstrategie entwickelt wird. Und der Verpackungsmüll wächst ohnehin von Jahr zu Jahr kontinuierlich an. Aber diese Flut wird das chemische Recycling sicherlich stemmen… !
Die unterschiedlichen Plastiksorten weisen nach Auswertung von Meeresbiologen zudem toxische Additive auf. Es seien über 13.000 verschiedene Chemikalien enthalten und knapp ein Viertel davon wird als gefährlich eingestuft. Und ohnehin landen schon jetzt jährlich bis zu 10, nach anderen Schätzungen sogar bis zu 23 Mio. Tonnen Plastikmüll in den Weltmeeren.
Internationale Konferenzen
So können wir eine internationale Konferenz nach der anderen verfolgen. Aber es werden keine reellen Konsequenzen gezogen.
So etwa zur Bekämpfung des Klimawandels. Hier soll immer noch die E-Mobilität das rettende Etwas sein. Für die Gewinnung des Lithiums wird, damit hatten wir uns schon befasst, ohnehin kargen Landschaften in den Anden endgültig das Wasser entzogen. Und in afrikanischen Minen wird Kobalt unter teilweise sklavenartigen Bedingungen in vollkommen ungesicherten Minen gewonnen.
Manch einer mag dagegenhalten, das Batterie-Recycling mache hier doch gewaltige Fortschritte. Nur, dass nach aktuellen Schätzungen der Bedarf an Lithium (und damit auch an Kobalt) in den kommenden Jahren um mindestens das 10-fache ansteigen wird. Doch wird die Batterie-Recyclingbranche diesen Bedarf sicherlich ebenfalls stemmen… !
Energiekrise und ‚grüne Energie‘
Nun sollen z.B. in Namibia enorme Solarfelder errichtet werden, über die – natürlich – Energie gewonnen werden soll. Mit dieser Energie soll ‚grüner‘ Wasserstoff und Ammoniak für Deutschland produziert werden. Übrigens in einem Nationalpark. Dagegen würde hier, wenn auch nur eine Gelbbauchunke oder eine Feldlerche auf einer Fläche für eine geplante Entsorgungsanlage betroffen sein könnte, das Projekt gleich verunmöglicht oder jedenfalls für lange Zeit blockiert werden.
Immerhin sollen die Afrikaner auch etwas von der Energie abbekommen. Nichtsdestotrotz: der Wasserstoff und das Ammoniak müssen dann erst einmal nach Deutschland transportiert werden. Und um die Solarfelder zu errichten, bedarf es seinerseits viel Energie. Denn Photovoltaikanlagen bestehen nun einmal zu einem nicht unwesentlichen Anteil aus Glas, das seinerseits energieaufwändig produziert werden muss.
‚Beaching‘
Oder beim Abwracken von Schiffen. Da liegt seit immerhin 2009 ein internationales Abkommen vor, wonach das sichere und umweltgerechte Abwracken sicherzustellen ist. Das ist allerdings noch nicht in Kraft getreten geschweige denn, dass es umgesetzt wird. So werden beim ‚beaching‘ in Pakistan, Indien und Bangladesch die Schiffe unter lebensbedrohlichen Bedingungen für die Arbeiter demontiert. Und die Anzahl der abzuwrackenden Schiffe soll sich in den nächsten Jahren noch verdoppeln.
Ersatzbaustoffverordnung
Kommen wir von diesen unsäglichen internationalen Konferenzen zurück ins Inland. Und so – kaum vermeidbar – auch zur EBV. Denn die tritt nun mal am 1. August 2023 in Kraft.
Ja, die EBV. Kaum lesbar. Kaum verständlich. Kein Produktstatus für ‚Ersatzbaustoffe‘, was aber für die Akzeptanz für den Einsatz von Sekundärbaustoffen unumgänglich ist. Und der Begriff ist ohnehin misslungen. ‚Ersatz…‘ erinnert doch irgendwie an ein Manko. Kaffeeersatz, Ersatzrad…
Der dringenden Forderung, einheitliche Analyseverfahren für alle Entsorgungswege für mineralische Abfälle vorzugeben, wurde nicht nachgekommen. Und für die Verwendung solcher ‚Ersatzbaustoffe‘, die weiterhin als Abfall gelten, bestehen umfangreiche Voruntersuchungs- und Dokumentationspflichten, die ein normaler Verwender bzw. ‚Häuslebauer‘ kaum zu bewältigen vermag.
FAQ zu einzelnen Vorgaben der EBV
Die LAGA und die Bundesländer arbeiten zurzeit unter Hochdruck daran, diese Verordnung doch noch und wie auch immer lebbar zu machen. So sollen z.B. über FAQ (frequently answered questions) Auslegungshilfen und Interpretationen der EBV veröffentlicht werden, die das Ganze etwas praxisgerechter ausgestalten sollen.
Doch da gibt es eine Krux: Noch bevor die Verordnung überhaupt in Kraft tritt, soll sie geändert werden. Der Bundestag hat die Änderungen bereits beschlossen. Doch welche Änderungsanträge die Länder noch einbringen werden, ist zurzeit offen. Das Einzige, was feststeht, ist, dass die letzte Bundesratssitzung vor der Sommerpause und damit vor dem 1. August am 7. Juli 2023 stattfinden wird. Wir dürfen also gespannt bleiben…
Denn erst danach will die LAGA entscheiden, welche FAQ letztlich veröffentlicht und für den Vollzug empfohlen werden.
Asbestdialog und LAGA M23
Der jahrelang andauernde nationale Asbestdialog ist endlich beendet. Die neue LAGA M23 wurde im Mai veröffentlicht.
Weiterhin gilt Abfall mit einem Asbestgehalt von ≥ 0,1 Masse-% als gefährlicher Abfall. Es wurde aber auch ein Beurteilungswert von 0,010 Masse-% eingeführt. Materialien - so auch RC-Baustoffe, die diesen Beurteilungswert nicht erreichen, gelten als asbestfaserfrei. Hierüber hatte es die jahrelangen Diskussionen gegeben. Doch dieser Wert steht nun zum Glück für die Bau- und Entsorgungsbranche als Wert, bis wann Materialien als asbestfaserfrei gelten, fest.
Aber Halt: Dieser Beurteilungswert gilt nicht für spezielle Materialien wie etwa Fugenmasse oder Abstandhalter. Diese sollen separiert erfasst werden. Bei Vermischung mit dem übrigen Bauschutt soll dieser Beurteilungswert von 0,010 Masse-% nicht greifen. Bei Vermischung gilt das ganze Gemisch als asbesthaltig!
Materialien mit einem Asbestgehalt zwischen 0,010 Masse-% und < 0,1 Masse-% gelten im Übrigen als asbesthaltig, aber nicht als gefährlicher Abfall.
Gebäude, die vor dem 31. Oktober 1993 errichtet wurden
Ferner stehen Gebäude, die vor dem 31. Oktober 1993 errichtet wurden, unter dem Generalverdacht, dass dort Asbest verbaut worden sein könnte. Denn erst ab diesem Zeitpunkt war der Einsatz von Asbest verboten. Bei solchen Gebäuden müssen somit umfangreiche Voruntersuchungen vorgenommen werden, um eine Asbestbelastung ausschließen zu können.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Gefahrstoffverordnung auch zum Thema Asbest überarbeitet und voraussichtlich noch in diesem Sommer veröffentlicht werden wird.
Sicherlich werden wir bald wieder auf all diese – und natürlich auch andere – Themen zurückkommen!
[ zurück zum Anfang ] © 2003-2023 Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit. Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2023-06-07 |